Historie

Die mid-Zeitreise: Bremstechnik auf Schnee und Glatteis

9. Dezember 2016, 14:48 Uhr
Jutta Bernhard
Am 12. Dezember 1966 berichtete der mid im 15. Jahrgang über Bremstechnik auf Schnee und Glatteis.

Es gibt im Straßenverkehr immer wieder Situationen, wo trotz Straßenglätte das Fahrzeug auf dem kürzestmöglichen Weg abgebremst werden muss. Da aber die Adhäsion zwischen Reifen und Fahrbahn auf Schneeglätte und Glatteis sehr gering ist, heißt es, alle Kniffe der Bremstechnik zu nutzen. Spikes-Reifen und moderne Ketten verhelfen bekanntlich auf Schneeglätte und Eis zu verbesserter Haftung und damit zwangsläufig zu kürzeren Bremswegen. Aber diese Vorteile können illusorisch werden, wenn es der Fahrer nicht versteht, seine Bremsen richtig zu bedienen.

Auch im Schreck sanft bremsen

Je glatter die Fahrbahn, desto mehr kaltes Blut heißt es im Gefahrenfall bewahren. Wenn in der ersten Schreckreaktion der Fuß wuchtig auf das Bremspedal tritt, darf man mit Sicherheit erwarten, dass der Wagen seitlich aus seiner Spur ausbricht, dass die Adhäsion zwischen Reifen und Fahrbahn überschritten wird und daher absolut keine Bremswirkung zur Geltung kommt. Die Kunst besteht darin, entsprechend der je Wagen individuellen Abstufbarkeit der Bremswirkung nur sanft und progressiv gerade so viel Bremswirkung auf die Fahrbahn zu bringen, dass die Räder nicht zum "Blockieren", das heißt Gleiten auf der Fahrbahn, kommen. Sobald sich Neigung zum Gleiten einstellt, ist die Bremse sofort zu lockern und erneut anzubremsen. Es braucht Mut im Gefahrenfalle, sich dieser Notwendigkeit bewusst zu werden und sie anzuwenden; aber unterlässt man dies, so stellen sich die oft verheerenden Folgen ein: Abkommen von der Fahrbahn und Aufprall auf Hindernisse und andere entgegenkommende Verkehrsteilnehmer. Mit Spikes-Reifen sind auf Glatteis die Bremswege wesentlich kürzer zu halten als mit besten Winterreifen ohne Spikes. Daran denke man im Abstandhalten, wenn der Vordermann mit Spikesreifen fährt.

Zusätzlich Motorbremskraft heranziehen?

Ein Ausnutzen der natürlichen Motorbremskraft durch Hinunterschalten in den kleineren Getriebegang bei langen Talfahrten oder zur Bewältigung steiler Gefälle ist angebracht, womit sich die notwendige Geschwindigkeitsreduktion sicherere innehalten lässt als mit einer ab und zu angetippten Bremse. Aber ließe sich bei Notbremsungen in der Ebene nicht auch die Motorbremskraft nutzen und damit kürzere Bremswege erziehen, etwas so, dass im Gefahrenfall blitzschnell in den kleineren Gang geschaltet wird? Die Bremswege damit werden auf Glatteis nicht kürzer, sondern sogar verlängert ausfallen! Beim Bremsen mit dem Motor wird die Bremskraft nur von der Antriebsachse, also nur von zwei Rädern, auf die Fahrbahn übertragen und nicht über vier, wie beim Betätigen des hydraulischen Bremssystems. Vier kraftschlüssige Verbindungen zwischen Reifen und Fahrbahn lassen insgesamt eine höhere Bremskraft auf die Fahrbahn übertragen. Hinzu kommt, dass im Gefahrfall das schnelle Hinunterschalten meist etwas ruckartig erfolgt und damit die Hinterachse in ihrer Spurhaftung beeinträchtigt wird. Besser sind die Verhältnisse beim Frontantriebswagen, wo mit der Motorkraft höhere Bremskräfte auf die Fahrbahn gebracht werden können, da auch die Achsbelastung vorne höher ist und durch die dynamische Gewichtsverschiebung beim Bremsen noch zusätzlich günstig beeinflusst wird.

Frühreaktion durch Gaswegnahme

Auf Glatteis und Schneeglätte heißt es, mit Köpfchen fahren und vor Hindernissen und Gefahren frühzeitig das Tempo drosseln. Dazu reicht oft schon allein das rechtzeitige Zurücknehmen des Gaspedals - auch ein Kapitel, das im Winter zur Bremstechnik gehört. Welche Maßnahme in jedem Fall anzuwenden ist, richtet sich nach der Verkehrssituation und der Fahrbahn. Oberster Grundsatz bleibt aber, niemals durch zu brüskes Bremsen Adhäsion und Seitenführungskräfte so zu schmälern, dass damit der Wagen auch über die Lenkung nicht mehr beherrscht werden kann.

Der Artikel "Die mid-Zeitreise: Bremstechnik auf Schnee und Glatteis" wurde am 09.12.2016 in der Kategorie News von Jutta Bernhard mit den Stichwörtern Historie, Winter, News, veröffentlicht.

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