Fahrbericht

So schlägt sich ein Brennstoffzellen-Auto im Alltag

17. Juli 2020, 16:16 Uhr
Rudolf Bögel
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Wasserstoff ist das beherrschende Zukunftsthema - auch beim Autobau. Allen voran fährt Toyota. Die Japaner bringen im Herbst 2020 bereits die zweite Generation des Mirai auf den Markt. Der Motor-Informations-Dienst (mid) testete den Brennstoffzellenflitzer auf seine Alltagstauglichkeit und verrät, warum man sich auf die nächste Generation freuen darf.


Wasserstoff ist das beherrschende Zukunftsthema - auch beim Autobau. Allen voran fährt Toyota. Die Japaner bringen im Herbst 2020 bereits die zweite Generation des Mirai auf den Markt. Der Motor-Informations-Dienst (mid) testete das Brennstoffzellen-Fahrzeug auf seine Alltagstauglichkeit und verrät, warum man sich auf die nächste Generation freuen darf.

Der Mirai entpuppt sich, mal abgesehen vom viel zu kleinen Kofferraum mit seinen eher schmalen 340 Litern, als voll alltagstaugliches Auto. Zwar nicht vom Aussehen her - denn das eigenwillige Design ist sicher nicht jedermanns Geschmack. Technisch ist die viertürige und -sitzige Mittelklasse-Limousine aber einfach zu bedienen.

Schließlich ist der Mirai nichts anderes als ein Elektroauto. Allerdings eines, das die Energie an Bord selbst erzeugt. Dabei reagieren Wasserstoff und Sauerstoff in der Brennstoffzelle. Der entstehende Strom treibt den E-Motor an. Power an der Vorderachse, hinten kommt Wasser heraus. Und das ganze zu einem vernünftigen Preis. Ein Kilo Wasserstoff kostet 9,50 Euro und reicht für rund 100 Kilometer. Aufgetankt wird in rund fünf Minuten, der Mechanismus an der Zapfsäule ist in etwa so einfach wie an einer Gas-Tanke.

Wie sich im mid-Test gezeigt hat, ist die Reichweite (bis zu 480 Kilometer) realistisch und auch stabil. Ganz im Gegensatz zu den Reichweiten von aufladbaren Elektroautos, die je nach Beanspruchung der Batterie durch Klimaanlage oder eine besonders schnittige Fahrweise gelegentlich wie Schnee in der Sonne schmelzen.

Beim Antrieb legt der Mirai auf dem Papier zumindest keine nennenswerten Spurtqualitäten an den Tag. Die 155 PS reichen für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in 9,6 Sekunden. Das bei E-Autos immer sofort voll anliegende Drehmoment von 335 Newtonmetern (Nm) birgt hingegen Funfaktor. So mancher Verbrenner wundert sich, wie schnell er das Mirai-Heck beim Ampelstart sehen konnte.

Ansonsten fährt sich der Mirai wie ein ganz normales E-Auto - gepaart mit dem guten Gefühl, das richtige Auto zur richtigen Zeit zu haben. Allerdings nur unter einer Bedingung: Brennstoffzellen-Autos sind nur so umweltfreundlich wie die Herstellung ihres Treibstoffs. Nämlich nur dann, wenn Wasserstoff rein mit erneuerbarer Energie produziert wird. Idealerweise, wenn am Strommarkt ein Überangebot herrscht und Windkraftwerke kostenpflichtig für den deutschen Steuerzahler abgestellt werden müssen, weil Speicherkapazitäten fehlen.

War die erste Generation des Mirai (ab 2015) mehr oder weniger ein Technologieträger, der sich weniger als 10.000 Mal verkauft hat, soll der neue Mirai die Schlagzahl deutlich erhöhen. Zumindest verspricht Toyota, dass jährlich immerhin rund 30.000 Modelle produziert werden können. Vermutlich zum gleichen Preis wie heutzutage. Etwa 80.000 Euro dürfte der bei der Tokio Motorshow Ende 2019 vorgestellte Nachfolger vermutlich kosten.

Um die Ziele zu erreichen, haben die Toyota-Designer schwer Hand angelegt. Aus dem eher hässlichen Entlein ist zumindest beim Concept Car, das allerdings als recht seriennah gilt, ein stolzer Sportwagen geworden. Länger, breiter, flacher - so lautete hier die Devise. Den mächtigen und stolzen Kühlergrill kann man jetzt schon im aktuellen Camry bewundern.

Und auch bei der Instrumentierung im Innenraum geht es mehr Richtung konventionelles Auto. Bei der ersten Generation gab es kein klassisches Cockpit mehr mit Fahr-Infos hinter dem Lenkrad, sondern nur kleine Screens in der Instrumentenspange direkt unter der Windschutzscheibe oder im großen Bildschirm, der ebenfalls mitten auf der Konsole thronte. Ziemlich gewöhnungsbedürftig. Mirai Nummer 2 glänzt mit einem 12,3 Zoll großen zentralen Screen und einem echte (digitalen) Tacho.

Ebenfalls neu: In der knapp fünf Meter langen Limousine haben künftig fünf Personen Platz, und der Antrieb wandert von vorne nach hinten. Zusammen mit dem niedrigeren Schwerpunkt dürfte das Fahrverhalten somit deutlich agiler sein als beim aktuellen Modell.

Bei der Reichweite will Toyota zulegen. Knapp 700 Kilometer soll man mit dem Mirai schaffen. Dann fehlt nur noch ein ordentliches Tankstellen-Netz - und schon öffnet sich das Tor der (automobilen) Zukunft ein Stück weiter. Damit der Mirai auch seinem Namen gerecht wird. Denn "Mirai" heißt auf Deutsch "Zukunft".

Rudolf Bögel / mid

Der Artikel "So schlägt sich ein Brennstoffzellen-Auto im Alltag" wurde am 17.07.2020 in der Kategorie Fahrbericht von Rudolf Bögel mit den Stichwörtern Fahrbericht, Brennstoffzelle, Praxistest, Umwelt, Test-Bericht, Pressevorstellung, Test, Bericht, Kurztest, Vorstellung veröffentlicht.

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