News

Mein erster Oldtimer - Kein Hobby nur für Reiche

30. April 2015, 14:26 Uhr
Hanne Lübbehüsen/SP-X
Immer mehr Menschen entdecken ihre Leidenschaft für altes Blech. Vielen reicht es nicht, die Pretiosen der anderen zu bestaunen, es muss ein eigener Klassiker her. Wie man schon für kleines Geld dabei sein kann, wo man sich Hilfe holt und welche Anfängerfehler man vermeiden sollte.

Es war Liebe auf den ersten Blick: Dieses 70er-Jahre-Moosgrün-Metallic, das hübsche Fließheck, dieses spiddelige Lenkrad mit dem Wolfsburg-Logo, der muntere Klang des 55-PS-Vierzylinders bei der Probefahrt im Sonnenschein - dieses Auto gehört zu mir. Optimal gelaufen? Nein, einer der größten Fehler, den ein Oldtimer-Anfänger machen kann.

,,Der Effekt ist immer der gleiche", sagt Frank Wilke, Chef des Marktanalysten Classic-Analytics: ,,Liebe macht blind." Im besten Fall hat Schwachstellen des Modells, Preislage und Budget im Kopf und am Ende steht man doch vor dem potenziellen Traumauto und denkt: ,,Haben, haben, haben!" Ein verflixtes Dilemma - für eine steigende Zahl Interessierter.

Denn die neue Liebe für altes Blech entflammt seit einigen Jahren bei immer mehr Menschen. Allein im Jahr 2014 ist der Bestand an Fahrzeugen mit H-Kennzeichen um mehr als 11 Prozent gewachsen: 310.694 Pkw mit der steuerbegünstigten Oldtimer-Zulassung, die den Klassiker als ,,schützenswertes Kulturgut" ausweisen, sind ein Rekordwert.

Die Klassiker sind echte Sympathieträger. Mehr als die Hälfte der Deutschen freuen sich, wenn sie Oldtimer auf der Straße sehen, so das Ergebnis einer Allensbach-Studie im Auftrag der Zeitschrift ,,Oldtimer Markt". Immerhin jeder sechste würde gerne einen Klassiker besitzen - fragt man die männlichen Autofahrer, ist es jeder vierte.

Dabei gilt der Umfrage zufolge die Oldtimerei den Meisten immer noch als teures Hobby. ,,Es ist kein Hobby nur für Reiche", widerspricht Frank Reichert, Leiter des Klassik-Bereichs beim ADAC. Schon ein Budget von 5.000 Euro ist nach Meinung des Experten eine solide Ausgangsbasis, ,,es hängt natürlich davon ab, was man sucht." Ein früheres Brot-und-Butter-Auto wie das Mittelklasse-Modell Opel Ascona, einen Mercedes-Benz 190 ,,Baby-Benz" oder mit etwas Geduld auch noch einen 70er-Jahre-Käfer kann man für dieses Budget beispielsweise finden. Auch der moosgrüne VW, ein 74er Passat, hat weniger gekostet.

Womit wir wieder beim Thema Anfängerfehler wären: ,,Der allerschlimmste Fehler, den man machen kann, ist, sich ein Fahrzeug zuzulegen, ohne sich vorher zu informieren", warnt Reichert. In Fachzeitschriften, Internetforen oder bei Clubs kann man zum gesuchten Modell recherchieren: Was sind typische Schwachstellen der Baureihe? Aber auch: Wie ist die Ersatzteillage? Gibt es wenig Ersatzteile, kann das vor allem einem Einsteiger den Spaß schnell verleiden.

Ist ein passendes Modell gefunden, nimmt man einen neutralen Dritten zum Erstkontakt mit dem Traumauto mit, um den beschriebenen Rosa-Brille-Effekt zu vermeiden. Bei ernsthaftem Interesse und Kaufabsicht bittet der Laie einen Kfz-Fachmann aus dem Bekanntenkreis ihn zu begleiten. Ist keiner greifbar: Kaufberatungen in Oldtimer-Zeitschriften studieren oder einen Sachverständigen um Rat fragen.

Je nach Grad der Genauigkeit ist das unterschiedlich teuer. Los geht es meistens bei um die 150 Euro, man findet einen Gutachter zum Beispiel über bekannte Markbewertungs-Organisationen wie Classic Analytics oder Classic Data oder fährt das Auto bei der Probefahrt bei einer der TÜV-, Dekra- oder KÜS-Niederlassungen vor. Die Investition lohnt sich, meint Peter Steinfurth, Chefredakteur der Zeitschrift ,,Oldtimer Markt": ,,Das ist Geld, das man beim Kauf wieder rausbekommt, denn der Gutachter gibt auch eine Preiseinschätzung ab." Will der Verkäufer keinen Sachverständigen, sollte man sofort vom Kauf Abstand nehmen.

Grundsätzlich gilt: ,,Das bessere Auto ist immer der bessere Kauf", so Steinfurth. Die große Masse der Klassiker fährt im soliden Zustand drei, der auch für einen Einsteiger mit ruhigem Gewissen zu empfehlen ist: Gebrauchtes Fahrzeug im ordentlichen Zustand, das normale Spuren der Jahre oder einzelne, kleinere Mängel zeigt, uneingeschränkt fahrbereit. ,,Je besser das Fahrzeug ist, desto weniger Polster brauche ich", sagt ADAC-Experte Frank Reichert. Die meisten Oldtimer-Besitzer geben zwischen 750 und 2.000 Euro im Jahr für die Instandhaltung und Wartung ihres Klassikers aus, so die Allensbach-Studie von 2013.  Die Finger lassen sollten Einsteiger von Zustand-vier-Fahrzeugen - verbrauchtes Fahrzeug mit deutlich erkennbaren Mängeln, nur eingeschränkt fahrbereit - und Exoten.

Oldtimer steigen im Wert - zum Geldverdienen reicht es meist nicht, aber die Unterhaltskosten wieder reinzubekommen klappt eigentlich immer, ,,und wo findet man schon ein Hobby, das sich selbst finanziert?", meint Marktanalyst Wilke Auch der moosgrüne Passat ist innerhalb von vier Jahren bereits im Wert gestiegen. Zum Verkauf steht er nicht - nicht zuletzt, weil die Reparaturkosten noch lange nicht wieder drin sind. 

Der Artikel "Mein erster Oldtimer - Kein Hobby nur für Reiche " wurde am 30.04.2015 in der Kategorie News von Hanne Lübbehüsen/SP-X mit den Stichwörtern Mein erster Oldtimer, News, veröffentlicht.

Weitere Meldungen

28. März 2024

Sportliche neue Aprilia RS 457

Aprilia verkörpert Sportlichkeit, Adrenalin und Fahrspaß auf Straßen und Rennstrecken. Mit 54 Weltmeistertiteln ist ...