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IT-Sicherheit: Warum Angst der falsche Ratgeber ist

26. März 2023
Gastbeitrag | Frank von Seth
IT-Sicherheit: Warum Angst der falsche Ratgeber ist
Autorenfoto: Frank von Seth @ Bildquelle cyan digital security
Die Zahl der Angriffe von Cyberkriminellen auf Konzerne, mittelständische Unternehmen und besonders die Automobilindustrie nimmt stetig zu. Noch Anfang des Jahres wurde der bayerische Fahrzeugzulieferer Fritzmeier Group durch Cyberkriminelle angegriffen. In der Folge waren die Internetversorgung, die Telekommunikation und sogar die Produktion von Ausfällen betroffen. Doch Panik und Angst vor Datendiebstahl wären die komplett falschen Ratgeber beim Schutz der sensiblen IT-Systeme und Daten. Gefragt sind vielmehr Umsicht, Aufmerksamkeit und eine klare Kante, meint Gastautor Frank von Seth.

Die Autos von heute sind rollende Computer. Längst hat die Software in modernen Fahrzeugen, gleich ob klassisch fossil oder elektrisch betrieben, die Steuerung übernommen.

Während 2013 nur zehn Prozent der Funktionen eines Neuwagens per Software gesteuert wurden, werden es 2023 voraussichtlich vierzig Prozent sein, analysiert der im Dax notierte niedersächsische Autozulieferer und Technologiekonzern Continental. Die benötigte Rechenleistung pro Auto erhöht sich von 2015 bis 2030 voraussichtlich um den Faktor fünfzig. In einem durchschnittlichen Neuwagen steckten bereits vor einigen Jahren rund hundert Millionen Zeilen Programmiercode – Tendenz weiter stark steigend. Diese Datenmengen sind so komplex, dass nur der innovativste Stand der Technologie in z.B. Rechenzentren damit arbeiten kann.

Per 5G und Co. mit der gesamten Auto-Umwelt vernetzt

Dabei ist das Auto längst nicht mehr nur im Innern vernetzt, sondern kommuniziert über smarte Technologie und etwa der neuesten 5G-Mobilfunk-Netzwerktechnologie in Bruchteilen einer Sekunde mit seiner Umwelt: anderen Autos und Verkehrsteilnehmern, Ampelsystemen oder den Häusern in der Nachbarschaft.

Auch die Berater von Deloitte konstatieren in einer aktuellen Branchenanalyse: "Die Entwicklung des Connected Cars ist mittlerweile auf dem globalen Massenmarkt angekommen.

Jeder namhafte Hersteller bietet für seine Fahrzeuge mittlerweile technische Lösungen an, die zum Teil serienmäßig und zum Teil auf Wunsch ermöglichen, dieses Fahrzeug mit dem globalen Datennetz, beispielsweise über eingebaute SIM-Module, zu verbinden. Diese Anbindung ermöglicht dem Hersteller die Sammlung und Auswertung der Daten für eine Vielzahl von Verwendungszwecken."

Das Auto wird austauschbarer – und die Software zum Gamechanger

Die Automobilindustrie befindet sich inmitten eines dramatischen technologischen Wandels. Früher gestalteten mechanische Fortschritte den Markt und die Gesellschaft. Heute prägen IT-Systeme die Automobilindustrie.

Deloitte zieht ein klares Fazit: "Der Stellenwert des eigentlichen Fahrzeugs an sich verringert sich, währenddessen vermehrt personalisierte Dienstleistungen oder das autonome Fahren in den Vordergrund rücken, welche durch eben diese IT-Systeme ermöglicht werden."

Doch der Siegeszug der Software im Auto und die Öffnung der Fahrzeuge gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern haben auch ihre Schattenseite: Die Autos werden angreifbarer. Nicht im klassischen Sinne durch Auffahrunfälle oder Beulen beim Ein- und Ausparken. Sondern im Sinne von IT-Angriffen:

Die neuen Technologien erfordern eine stetige Verbindung zum Internet, um Fahrerdaten, Straßen- und Verkehrsinformationen sowie Informationen zum Fahrzeugzustand wie etwa den Reifendruck an den Automobilhersteller zu übermitteln.

Zur Absicherung müssen Sicherheitslösungen den bekannten Zielkonflikt meistern, sowohl praktisch in der Anwendung zu sein als auch effizienten Schutz zu bieten. Dabei sind vor allem netzwerkbasierte Sicherheitslösungen effektiv, da sie durch die weitgehend standardisierte Netzwerktechnologie plattformübergreifend eingesetzt werden können. Das bietet Ingenieuren die notwendigen Freiheiten, Innovationen voranzutreiben und die Sicherheit über unterschiedliche Modelle und Marken hinweg einheitlich zu skalieren.

Die zentral integrierten Sicherheitslösungen ermöglichen es zudem blitzschnell auf neue Angriffsvektoren zu reagieren, da diese an eine sich ständig aktualisierende Threat Intelligence angeschlossen sind. Der hochentwickelte Threat-Intelligence-Ansatz, bei dem maschinelle Intelligenz mit dem Wissen kompetenter Security-Experten kombiniert wird, verknüpft schlussendlich effektiv verschiedene digitale Funktionen innerhalb eines Ökosystems.

Bezogen auf die Automobilbranche bedeutet das, die fahrzeugeigene Technologie sowie die Endgeräte der Fahrgäste im Pkw, aber auch zum Beispiel im Bus, mittels moderner Cybersicherheitssysteme vor einem breiten Spektrum an Schlaglöchern zu schützen.

Horrorszenarien zur Cyber-Un-Sicherheit helfen niemandem

Besonders im vergangenen Jahr gab es eine inflationär hohe Menge an Meldungen darüber, wie viel Angst Unternehmen und Private eigentlich vor IT-Attacken haben müssten.

So wird das Problem allerdings nur größer, da potenzielle Opfer der Attacken zusätzlich verunsichert werden. Keinem einzigen Internetnutzer ist geholfen, wenn immer nur auf Horrorszenarien rund um Cybersicherheit verwiesen wird. Anders formuliert: Unternehmen und Verbraucher sollten mit dem nötigen Know-How und resilienten Schutzmechanismen ausgestattet sein, um gefahrenlos im Web aktiv zu bleiben.

Ich möchte das gern anhand eines Sinnbilds aus unserem automobilen Alltag verdeutlichen: Heute verfällt schließlich auch kein Autofahrer und keine Autofahrerin in grenzenlose Panik, wenn er oder sie den Sicherheitsgurt umlegt, um sich in Notfällen ausreichend zu schützen. Mein Ratschlag als Alternative zum Panik-Modus lautet daher:

Sorgen Sie in Ihren Unternehmen und Organisationen für eine hohe Awareness für das Thema, eine jederzeit gewährleistete Handlungsfähigkeit und einen maximal hohen Schutzzaun. Allerdings dürften Autohersteller und Zulieferer nicht den Fehler machen, aus Angst vor Angriffen den Weg der Vernetzung nicht weiter zu beschreiten.

Abschottungsversuche oder vermeintlich sichere Insellösungen sind keine technisch geschweige denn wirtschaftlich tragfähige Lösung. Das rundum vernetzte Auto ist und bleibt das Erfolgsrezept der Zukunft für die europäischen und besonders die deutschen Premiumhersteller.

Über den Autoren:

Frank von Seth begann seine berufliche Laufbahn als Versicherungs- und Risikoberater bei verschiedenen Unternehmen auf drei Kontinenten und in fünf verschiedenen Ländern. Bevor er zu cyan kam, arbeitete er über zehn Jahre für Aon in der Schweiz. In seiner jetzigen Position als CEO der cyan AG führt er das Unternehmen in die Zukunft und arbeitet an einer sichereren Zukunft für alle, indem er die Nutzer auf ihrer täglichen digitalen und vernetzten Reise schützt.

Der Artikel "IT-Sicherheit: Warum Angst der falsche Ratgeber ist" wurde am 26.03.2023 in der Kategorie Ratgeber von Gastbeitrag | Frank von Seth mit den Stichwörtern IT-Sicherheit: Warum Angst der falsche Ratgeber ist, Tipp & Infos, veröffentlicht.

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