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Sonst noch was? - Lauter glänzende Ideen

15. Dezember 2024, 12:04 Uhr
Peter Eck/SP-X
Sonst noch was? - Lauter glänzende Ideen
Sonst noch was? Foto: SP-X

Erleuchtungen, Gedankenblitze – es gibt viele Umschreibungen für Ideen. Nicht alle sind gut, wie wir nicht nur persönlich immer mal wieder erfahren mussten. 

So manch vermeintlich gute Idee erweist sich bei näherem Hinsehen oder gar nach deren Umsetzung plötzlich als nicht mehr ganz so toll. War es in unseren jüngeren Jahren wirklich clever, diese Wette mit den 10 Bier und 10 Schnaps innerhalb von 10 Minuten einzugehen? Heute haben wir daran durchaus leise Zweifel. Oder die Sache mit dem günstigen ersten Auto, das sich nach kurzer Zeit als Schrotthaufen herausstellte. Aber lassen wir das.

Selbst in der ach so professionellen Autobranche zeigt sich immer wieder: Hohe Gehälter, ein dicker Dienstwagen und zwei Assistenten bzw. eher Assistentinnen bewahren den Manager nicht vor kruden Ideen. Richtig interessant wird es aber, wenn eine Idee so brillant erscheint, dass sie von fast allen Marktteilnehmern mehr oder weniger gleichzeitig umgesetzt wird. Das war beispielsweise vor einem Vierteljahrhundert bei der Einführung der sogenannten zweistufigen Händlernetze so, die Älteren werden sich erinnern, und ist es seit einiger Zeit auch beim Thema „Agenturmodell“.

Bitte richtig lesen: Wir sprechen hier nicht über langbeinige, bei Agenturen gelistete Laufbahnschönheiten – wobei letzteres auch schon wieder ein Wortspiel für sich wäre. Wir beziehen uns vielmehr auf die vor einigen Jahren scheinbar aus dem Nichts geborene Kollektiv-Idee vieler Hersteller, Fahrzeuge künftig auf eigene Rechnung zu verkaufen und den Händler nur noch als Mittler einzusetzen. Dahinter steckt der auf den ersten Blick einleuchtende gängige Gedanke, auf diese Art einen Großteil der Händlermarge künftig in die eigenen Kassen zu spülen.

Nun fanden wir – sieheben oben – die Idee, verschiedene alkoholische Getränke in wenigen Minuten wegzuschnupfen zunächst ja auch brillant. Vor allem, weil die Freunde die Zeche zahlen mussten. Eine halbe Stunde später sah die Welt (vor allem für den Zecher) schon ganz anders aus. Irgendwie schlechter.

Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Nun, eine halbe Stunde hat die Autoindustrie für ihre Erkenntnis nicht gebraucht. Aber nach und nach stirbt das Agenturmodell nun wieder, teilweise noch vor der eigentlichen Einführung. Diese Woche hat zum Beispiel VW in einem Schreiben an seine Händler (!) angekündigt, das für Elektroautos eingeführte Agenturmodell bis Ende März nächsten Jahres zu beerdigen. Wer genau hatte damals noch die Idee? Wahrscheinlich ist der verantwortliche Spitzen-Manager samt Gehalt, Dienstwagen und Assistentinnen schon ganz woanders – und hat bereits die nächste glänzende Eingebung in der Umsetzung.

Eine solch glänzende zündende Idee scheint es auch zu sein, das eigene Auto – wie heißt es so schön – „einfach mal stehen zu lassen“ und stattdessen „Bus und Bahn“ zu nehmen. Bisher hatten wir allerdings immer das Gefühl, bei der zugegeben recht seltenen Nutzung dieser Verkehrsmittel vom Pech verfolgt zu sein. Denn immer, wenn wir uns für die Deutsche Bahn oder eine U-Bahn entschieden haben, kamen wir deutlich zu spät oder auch mal gar nicht an.  

Nun zeigt uns eine aktuelle Erhebung, dass Verspätungen nicht unbedingt unser persönliches Pech sind, sondern schlicht der Normalzustand. Und zwar eben nicht nur bei der zu Recht häufig kritisierten Bahn, sondern auch im ÖPNV – wie wir Fachleute den Öffentlichen Personennahverkehr gerne nennen.

Das Ergebnis zusammengefasst: Die Busse und Bahnen im städtischen Bereich sind auch unzuverlässig. Allerdings kommt es schon daraus darauf an, wo man wohnt. In Hamburg zum Beispiel fahren 99 Prozent aller ÖPNV-Verkehrsmittel erstmal überhaupt, was ja schon mal eine exorbitant gute Nachricht ist. Und dann kommen auch noch 93 Prozent pünktlich an.  

Geht doch, will man sagen. Geht aber auch anders. Beispiel Köln: Hier fährt nur jede vierte Bahn pünktlich. Doof genug, aber vielleicht sind die wirklichen Zahlen auch noch schlechter. Denn die rheinischen Schelme hatten laut ADAC, den Initiatoren der Umfrage, sowieso nur „unvollständige Daten“ geschickt. Was solls will man sagen: Et hätt schließlich noch immer jot jejange. Früher oder später ist doch noch jeder ans Ziel gekommen, oder?

Man könnte übrigens ja noch auf eine andere Idee kommen: Statt mit dem unzuverlässigen ÖPNV oder den umweltsäuenden Verbrennern, nimmt man einfach ein total  umweltschonendes Elektroauto – und hat flugs das Bbeste aus zweiter Welten miteinander verbunden.  

Leider scheinen da die sturen Deutschen nicht mitspielen zu wollen. Einer aktuellen Umfrage zufolge, finden nur 40 Prozent der Befragten das von der EU gesetzte Ziel, ab 2035 keine neuen Verbrenner-Autos mehr zuzulassen, wirklich gut. 36 Prozent sind dagegen. Und 24 Prozent äußerten sich neutral. Wobei man sich schon fragen darf, was „neutral“ eigentlich als Antwort auf so eine Frage heißen soll? Man könnte die Rechnung aufmachen: neutral = egal = dann können wir auch weiter Verbrenner fahren. Oder sehen wir das jetzt zu eng?  

Nicht zu eng, eher zu großzügig hat wohl die Bundesregierung ihre Elektroautoziele ausgelegt. Bis 2030 sollten es ja 15 Millionen sein, die dann unsere Straßen bestromern. „Mindestens“ übrigens. Eine Unternehmensberatung hat jetzt mal gerechnet und kommt auf 11,2 Millionen. „Höchstens“ übrigens. Fun-Fact: Zum 1. Juli dieses Jahres waren in Deutschland 1,53 Millionen E-Autos registriert.  

Es bedarf keiner besonderen prophetischen Fähigkeiten, um jetzt einfach mal zu behaupten: Auch mit den 11,2 Millionen wird es genauso wenig was werden, wie mit den jährlich 400.000 neuen Wohnungen oder einem umfangreichen Abbau der Bürokratie. Das waren aber alles auch mehr oder weniger unverbindliche Ideen, oder?

Zum Schluss noch mal ein Absacker. Eine israelische Firma will eine Software entwickelt haben, die ausschließlich über den ohnehin vorhandenen Bewegungssensor im Lenkrad erkennt, ob ein Fahrer beschwipst ist oder nicht und ihm in diesem Fall mit 90-prozentiger Sicherheit den Fahrtantritt verweigern.  

Wir fragen uns, was daran ist neu? So einen Sensor hatte mein Vater in unserer Familienkutsche schon vor 50 Jahren – der hieß Mama. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

Der Artikel "Sonst noch was? - Lauter glänzende Ideen " wurde am 15.12.2024 in der Kategorie News von Peter Eck/SP-X mit den Stichwörtern Sonst noch was?, News, veröffentlicht.