Elektromobilität

Hyundai macht den Kona Electric zum Europäer

16. März 2020, 17:40 Uhr
Klaus Brieter
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Seit Anfang März 2020 rollt der Kona Elektro auch im europäischen Hyundai-Werk (HMMC) im tschechischen Nosovice vom Band. Der Motor-Informations-Dienst (mid) hat dort bei einem Besuch hinter die Kulissen geschaut.


Erfolg kann Stress bereiten. Davon weiß Jürgen Keller, der Geschäftsführer von Hyundai Deutschland, ein Lied zu singen. In seinem Lied bestimmt der Hyundai Kona Elektro das Thema der Melodie. Die rein elektrisch fahrende Variante des Kona hat seit ihrem Verkaufsstart 2018 die Erwartungen seiner Verkäufer bei weitem übertroffen.

Die Folge: Lange Lieferzeiten. Für 2020 liegen bereits mehr als 2.000 Bestellungen für den Stromer im City-SUV-Format vor. Insofern war es logisch, dass die Koreaner nicht nur darüber nachdenken, wie sie die Produktion hochfahren, sondern auch den Weg zum deutschen Kunden verkürzen.

Der Schritt ist seit Anfang März 2020 elegant erledigt. Denn seitdem läuft der Kona Elektro zusätzlich auch im europäischen Hyundai-Werk (HMMC) im tschechischen Nosovice vom Band. Im ersten Jahr soll davon bereits eine Stückzahl von 30.000 Exemplaren erreicht werden. Wer an eine Fertigung denkt, bei der die Teile aus Südkorea kommen und bei Hyundai Motor Manufacturing Czech lediglich zusammengenagelt werden, der liegt völlig falsch. Das Auto entsteht als lupenreiner Europäer - als eineiiger Zwillingsbruder der Version, die im Heimatwerk von Hyundai (in Ulsan) die Produktionshallen verlässt.

Ganz passt der Vergleich mit den eineiigen Zwillingen nicht. Denn es gibt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Familienmitgliedern aus Korea und Tschechien: Der Europäer hat immer die "dickere" Batterie an Bord, die dem Kona mehr Mumm einbläst und die Reichweite signifikant erhöht. In Zahlen ausgedrückt: 64 kWh statt 39,2, 204 PS statt 136 und maximal 449 km statt 289. So ganz nebenbei lässt sich der Europäer bis Tempo 167 beschleunigen (statt bis 155 km/h) und erreicht die 100er-Marke nach 7,9 Sekunden (statt 7,3 Sekunden). Im Verkauf wird den größten Turbo-Effekt mit Sicherheit die gestreckte Reichweite ausmachen, die bei batterieelektrischen Autos seit jeher so etwas wie ein k.o.-Kriterium für die Anschaffung bedeutet.

Das Werk in Tschechien macht einen properen Eindruck. Es besteht seit 2008 und produziert derzeit pro Jahr über 300.000 Fahrzeuge (wie zum Beispiel verschiedene i30-Versionen und Tucson) für 69 Länder. Wer schon viele Autofabriken von innen gesehen hat, dem fällt auf, wie großzügig und "luftig" die Hallen gestaltet sind und wie klinisch rein die Arbeitsplätze wirken. Bei unserer Rundfahrt landen wir auch gezielt an dem Punkt, wo das Herzstück des Kona Electric, die knapp unter einer halben Tonne wiegende Batterie, von unten an die Karosserie angeflanscht wird. Die Batterie stammt aus Ungarn, muss also ebenfalls nicht den weiten Weg von Korea nach Europa machen. Als sich der selbstfahrende Transportbock für die Batterie mit einem fröhlichen elektronischen Glockenspiel der Produktionslinie nähert, fühlt sich der Fabrik-Besucher für einen Moment wie in Disneyland.

Da Jürgen Keller und seine Händler nun von dem Manko befreit sind, nur den Mangel an Konas zu verwalten, legen sie für den Jahrgang 2020 zusätzlich zu den frischen Modell-Modifikationen (zum Beispiel Digital-Cockpit, Head-Up-Display und Shift-by-Wire) noch ein paar zusätzliche Attraktionen ins Körbchen.

Die Ansage, dass der Wagen mit einer achtjährigen Garantie ohne Kilometerbegrenzung ausgestattet ist, macht deutlich, dass hier Überzeugungstäter am Werk sind. Überdies bietet Hyundai Flatrates für bei Kunden zu installierende Wallboxen an, die sich preislich an Ausführung und Ladungsart orientieren.

Auch die Verkäufer sind speziell geschult, um dem Kunden je nach Nutzungsverhalten im Alltag das passende Angebot zu machen - das könnte auch ein konventioneller Verbrenner oder eine andere alternative Antriebsart sein. Im Gegensatz zum VW-Konzern, wo man künftig nur noch auf Elektromobilität setzt, will Hyundai weiterhin sehr breit aufgestellt sein und bietet so auch den Wasserstoffantrieb an.

Nach der Werksbesichtigung probieren wir den Kona Elektro auf der Straße aus und fahren vom Werk Nosovice mit dem Modell 2019 (mit der kräftigeren Batterie) nach Wien. Am Schluss meldet der Kilometerzähler 332 Kilometer Fahrtstrecke und der Bordcomputer eine restliche Reichweite von 45 Kilometern.

Die eiserne Reserve in der Batterie für weitere Umleitungen oder eventuell benötigte Heizleistung war nur durch Selbstverzicht auf den Autobahnstrecken möglich, wo die virtuelle Tachonadel meist maximal zwischen 100 und 110 km/h pendelte. Rein theoretisch hätte unser Kona also 377 Kilometer weit kommen können, bevor die Lichter ausgegangen wären. Man sieht: Trotz dieses durchaus achtbaren Ergebnisses ist die im Prospekt genannte WLTP-Angabe doch nur ein unverbindlicher Näherungswert.

Unabhängig davon ist das Lied, dass Jürgen Keller singen kann, fortan ein fröhliches: Mit der Verdreifachung der Fertigungskapazität des Kona Elektro dank der zusätzlichen Produktionslinie, die quasi "um die Ecke" liegt, sieht er sich dem Kundenansturm gewachsen. Der Stress, den Erfolg bereiten kann, nimmt für ihn deutlich ab.

Klaus Brieter / mid

Technische Daten Kona Elektro 150 kW

- Länge / Breite / Höhe: 4,18 / 1,80 ohne Außenspiegel / 1,57 m
- Motor: Permanentmagnet-Synchronelektromotor (Wechselstrom)
- Leistung: 150 kW/ 204 PS
- max. Drehmoment: 395 Nm
- Getriebe/Antrieb: einstufiges Reduktionsgetriebe/Frontantrieb
- Ladedauer in Stunden und Minuten: 23:40 mit 230 V Steckdose/5:50 mit Wallbox 4,6 kW Ladestrom/1:15 bis 80 Prozent mit 50-kW-Schnellladestation (400 Volt Gleichstrom, CCS- Kabel)/0:54 bis 80 Prozent mit 100-kW-Schnellladestaion (400 V Gleichstrom, CCS-Kabel)
- 0 bis 100 km/h: 7,9 Sekunden
- Spitze: 167 km/h
- Normverbrauch je 100 km (WLTP): 15,4 kWh
- CO2-Emissionen: 0 g/km
- Preis: ab 41.850 Euro (abzüglich 8.000 Euro Umweltprämie)

Der Artikel "Hyundai macht den Kona Electric zum Europäer" wurde am 16.03.2020 in der Kategorie Fahrbericht von Klaus Brieter mit den Stichwörtern Elektromobilität, Werk, Produktion, Fahrbericht, Praxistest, Importeur, Test-Bericht, Pressevorstellung, Test, Bericht, Kurztest, Vorstellung veröffentlicht.

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