Historie

Die mid-Zeitreise: Honda VFR 750 F - ein fast perfektes Motorrad

17. August 2018, 12:25 Uhr
Jutta Bernhard
Am 17. Oktober 1988 berichtete der Motor-Informations-Dienst (mid) im 37. Jahrgang über ein fast perfektes Motorrad, die Honda VFR 750 F.


Am 17. Oktober 1988 berichtete der Motor-Informations-Dienst (mid) im 37. Jahrgang über ein fast perfektes Motorrad, die Honda VFR 750 F.

Motorradfahrer wissen es: Das perfekte Motorrad gibt es nicht und wird es wohl auch nie geben. Aber es gibt Maschinen, die einem solchen sehr nahe kommen. Alles subjektiv gesehen, natürlich. Doch auch unter objektiven Kriterien wie Technik und Fahrleistungen kann sie begeistern, die Honda VFR 750 F. Und speziell, nachdem sie im Modelljahr 1988 in Sachen Drehmoment und Verkleidungsschutz sorgfältig "modellgepflegt" und das Fahrwerk und die Bremsen noch einmal verbessert wurden.

Gut, es gibt sicherlich weniger aufwändige Konstruktionen als den wassergekühlten V-Vierzylindermotor der VFR, aber viel mehr kann man ihm nicht entgegenhalten. Außer natürlich, dass er nicht den Charakter eines großen V-Twins oder den rauhen Charme eines Einzylinders aufweist. 74 kW/100 PS bei 10.500 U/min verrichten - nach dem spontanen E-Start und kurzer Warmlaufphase - wohlgefällig ihren Leistungsdienst. Die Drehmomentkur (der Maximalwert liegt nun bei 74 Nm bei 9.000 U/min) ist der Honda gut bekommen: Fast so souverän wie eine moderne Einlitermaschine zieht die drehfreudige 750er aus niedrigen und mittleren Drehzahlen hoch und legt mit steigenden Touren kraftvoll an Leistung zu. Als Höchstgeschwindigkeit stehen - bei hinter der Vollverkleidung geducktem Fahrer und etwas Anlauf - 245 km/h (Tacho) an. Dabei lassen sich Reisegeschwindigkeiten von 150, 180 oder mehr km/h problemlos auch über längere Distanzen durchhalten, denn die (verbesserte) Verkleidung entlastet - in der höheren ihrer zwei Einstellungen - sehr effektiv vom Fahrtwind.

Lob verdient auch das manierliche Trinkgebaren des Sport-Tourers: Im Durchschnitt flossen nur gut sechs Liter bleifreies Normalbenzin auf 100 km durch die vier Gleichdruckvergaser. Der Tankinhalt von 20 Litern ist somit für Reichweiten von rund 300 km gut. Die souveräne Kraftentfaltung der mit vier Ventilen pro Zylinder ausgestatteten Honda geht mit ihrer Laufkultur einher. Vibrationen treten - in hochfrequenter, nicht störender Form - allenfalls in einem kleinen Bereich in der Drehzahlmitte auf, ansonsten ist der Motorlauf ein vornehmer. Leicht grollend, angenehm gedämpft und im Stand von diversen mechanischen Geräuschen begleitet, so präsentiert sich der markante Viertaktsound des V-Aggregats. Motor und Getriebe sind harmonisch aufeinander abgestimmt, wobei sich die sechs Gänge präzise und mit kurzen Schaltwegen einlegen lassen. Die hydraulische Kupplung erfordert wenig Bedienungskräfte.

Fahrwerksmäßig kann die modifizierte VFR nun mit einer im Durchmesser verstärkten Telegabel, 17-Zoll-Rädern vorne und hinten, verbesserten Radaufhängungen sowie einer geänderten Rohrführung der Vier-in-Zwei-Auspuffanlage zwecks Erhöhung der Schräglagenfreiheit aufwarten. Schwächen leistet sich die 222 Kilogramm-Maschine auch beim Fahrwerk nicht. Sie gibt sich handlich, ist in engen Kurven nicht kippelig und durcheilt langgezogene schnelle Biegungen ebenso präzise wie sicher. Letzteres zumindest dann, wenn die Federungselemente entsprechend straff abgestimmt wurden. Bei weicher Abstimmung schwingt die mit Aluminium-Vierkant-Rahmen ausgestattete VFR in schnellen Kurven mit Bodenunebenheiten nach. Der Geradeauslauf ist untadelig, die Lastwechselreaktionen halten sich in den üblichen engen Grenzen einer Kettenmaschine. Der Fahrer sitzt annehmbar entspannt hinter der Verkleidung. Für große Tagestouren könnte allerdings die Sitzbank etwas üppiger gepolstert sein, für beschauliche Ausritte der Lenker etwas höher. Die Sozia sitzt nur im Vergleich zu vielen anderen modernen Motorrädern bequem, speziell etwas größere Beifahrerinnen wünschen sich hinten tieferliegende Fußrasten.

Die Bremsen verdienen sich eine sehr gute Beurteilung. Die beiden Scheibenbremsen vorne und die Single-Scheibe hinten verzögern die VFR gut dosierbar und gleichzeitig vehement sowie fadingfrei. Ausstattungsmäßig wartet die Honda mit übersichtlichen Instrumenten, funktionellen Schaltereinheiten, verstellbaren Handhebeln und Digitaluhr auf. Die Benzinuhr informiert allerdings nur ungenau über den Spritvorrat, doch verfügt man ja noch über die Reservestellung am Benzinschalter. Wünschenswert wären eine bessere Abdeckung der Hinterradkette zum Reifen hin und ein besseres Abblendlicht. 14.050 DM sind viel Geld für ein Motorrad, doch im Falle der sehr ausgewogenen Honda VFR 750 F gut angelegt.

Der Artikel "Die mid-Zeitreise: Honda VFR 750 F - ein fast perfektes Motorrad" wurde am 17.08.2018 in der Kategorie News von Jutta Bernhard mit den Stichwörtern Historie, Praxistest, Motorrad, News, veröffentlicht.

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