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KTM 1290 Super Duke R: Die Zahme und das Biest

25. September 2017, 10:51 Uhr
Ralf Schütze
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Gegen Ende der Saison ist die Frage berechtigt: Was sind die Motorrad-Highlights 2017? Es gibt viele Kandidaten, die auf ihre Art einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dazu gehört eindeutig das brachiale Naked Bike KTM 1290 Super Duke R. Der 177 PS starke heiße Ofen glänzt mit dynamischen Fähigkeiten bei gleichzeitiger Unkompliziertheit. Folge: Nichts wünscht man sich sehnlicher, als die Maschine in der Garage stehen zu haben.


Gegen Ende der Saison ist die Frage berechtigt: Was sind die Motorrad-Highlights 2017? Es gibt viele Kandidaten, die auf ihre Art einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dazu gehört eindeutig das brachiale Naked Bike KTM 1290 Super Duke R. "Wo bekomme ich jetzt 16.395 Euro her?", lautet die Frage, die das wilde, ungestüme und doch auf Wunsch zahme österreichische Biest hinterlässt. Darauf die Antwort zu finden, ist ungleich schwerer, als die Qualität der KTM Super Duke R zu beurteilen. Denn der 177 PS starke heiße Ofen glänzt mit dynamischen Fähigkeiten bei gleichzeitiger Unkompliziertheit. Folge: Nichts wünscht man sich sehnlicher, als die Maschine in der Garage stehen zu haben.

Nackt und verführerisch: Die KTM 1290 Super Duke kommt ohne Verkleidungs-Schnickschnack aus. Ihre ultrascharf gezeichneten Linien aus der bewährten Feder von Chefdesigner Gerald Kiska strahlen jenen Extremismus aus, den das wilde V2-Biest fahrerisch an den Tag legen kann. Aber nicht muss: Das 177 PS-Bike kann seine exorbitante Schubkraft von 141 Nm Drehmoment auch erstaunlich zahm entfalten. Und zur großen Überraschung des Super Duke-Novizen auf der 835 Millimeter hoch liegenden Sitzbank: Im Straßengewirr der Großstadt lässt sie sich völlig entspannt und unangestrengt von zuhause zum Bäcker und wieder zurück lenken. Ihre Vielseitigkeit ist überwältigend.

Abermals haben die Tüftler von KTM mit der für 2017 deutlich weiterentwickelten Super Duke R neue Maßstäbe gesetzt. Damit ist das heiße österreichische Eisen trotz kleiner Makel seine 16.395 Euro allemal wert. Imposant ist zum Beispiel die Beschleunigung oder das "Anreißen", wie KTM selbst dazu sagen würde: Dreht der Pilot kräftig am Gashahn, dann zerren 177 Pferdestärken am Antriebsstrang. Wer jetzt meint, es handle sich um ein drehzahlhungriges Renngerät, das bei niedrigeren Touren kaum in die Gänge kommt, liegt jedoch völlig falsch. Denn satte 141 Nm Drehmoment sind nicht nur eine atemberaubende Spitzen-Schubkraft im Idealfall von 7.000 U/min, der Motor liefert schon ab 2.500 U/min vehementen Druck.

Heißt in der Praxis: Man rollt gemütlich dahin und kann jederzeit in den Angas-Modus verfallen. Die eben noch entspannten Gesichtszüge verschärfen sich, denn plötzlich hat der Duke-Bändiger ein imaginäres Messer zwischen den Zähnen und genießt die Urgewalt, Drehfreude und nicht zuletzt den vehementen Sound des 1,3-Liter-V2, der unter ihm poltert. Neben schierer Kraftentfaltung imponiert am orange-schwarz-weißen Renngerät mit Straßenzulassung vor allem die ultraweiche und exakte Gasannahme. Und die Tatsache, dass man herzlich wenig mit dem Sechsganggetriebe herumwerkeln muss, denn das breite Drehzahlband erlaubt selbst bei forcierter Gangart ausgesprochen schaltfaules Fahren. Auf der Rennstrecke wie auch im Straßenverkehr: Schräglagenabhängige Elektronik und Kurven-ABS geben Sicherheit.

Dabei ist die knackige Österreicherin auf jede erdenkliche Lebenslage vorbereitet: Etwa mit dem Track-Modus für Könner auf der Rennstrecke, die mit durchdrehenden Rädern aus Kehren heraus beschleunigen wollen und auch können. Eine "Wheelspin"-Anzeige signalisiert dann im großen TFT-Monitor der Super Duke, wie stark das Hinterrad gerade durchdreht. Eine Launch-Control ermöglicht den optimalen Start und für 390 Euro Aufpreis passt ein Quickshifter optimal zum Track-Modus - also das ultraschnelle Rauf- und Runterschalten, ohne die Kupplung ziehen zu müssen. Auch der Rennstreckenmodus "Track" kostet extra, nämlich 340 Euro. Ab Werk hat die KTM die Fahrmodi "Street", "Sport" und "Rain" an Bord - letzterer mit 100 PS Spitzenleistung, die immer noch jede Menge Fahrspaß zulassen.

Egal, in welchem Modus und in welcher Laune: Der Fahrer sitzt wie angegossen auf der 1290 Super Duke R. Die betont frontlastige Körperhaltung, die das wandelbare Renngerät ihrem Piloten förmlich aufzwängt, vermittelt schon im Stand hohe Dynamik und gleichzeitig Kontrollierbarkeit. Dazu trägt vor allem der relativ breite und hohe Lenker bei. Aber aufgepasst: Man ist sehr schnell unterwegs, ohne es selbst so richtig zu merken. Erst beim Blick auf den digitalen TFT-Tacho bemerkt das Auge, dass sich die restlichen Sinne um rund 30 Prozent im Tempo verschätzen.

Lässt man die bestialische KTM 1290 Super Duke R von der Leine, hebt sie noch im dritten Gang spürbar das Vorderrad. Um Missverständnissen vorzubeugen: Man muss kein Wheelie-Künstler sein, um dies festzustellen, sondern spürt bereits bei etwas heftigerem Gasgriff-Dreh den entsprechenden Impuls und die dahinter steckende, brachiale Urgewalt des V2-Kraftpakets. Zu kritisieren gibt es an der österreichischen nackten Kanone nur wenige Details: Der Kupplungshebel ist etwas zu kurz geraten, und der Leerlauf ist manchmal eine gefühlte Ewigkeit nicht auffindbar beim Hin- und Hersuchen zwischen erstem und zweiten Gang. Die elektronischen und je nach Geschmack konfigurierbaren Anzeigen im TFT-Display sind an sich sehr gut, bei hoch stehender Sonne allerdings verhindert eine Klarsichtblende fast jeglichen Durchblick auf die Anzeigen und blendet manchmal stark. Direkt davor ziert eine extrem gestaltete Lampenmaske die Front der Super Duke R. Wer hier übertriebene, funktionslose Augenwischerei unterstellt, liegt falsch: Der auffallende senkrechte Spalt kühlt die markante schmale LED-Tagfahrlichtleiste - Form und Funktion in einem also.

Wer das an sich schon imposante V2-Bollern der KTM noch verstärken will, gönnt sich die nochmals sonorere Auspuffanlage vom slowenischen Klangtüftler Akrapovic. Spätestens dann strahlt die Super Duke R akustisch aus, was sie fahrdynamisch bei Bedarf drauf hat: Kompromissloses Racing, wie man es nur kontrolliert auf der Rennstrecke ausüben sollte. Doch auch auf dem Weg dahin macht die vielseitige Österreicherin jede Menge Spaß. Somit ist die 1290er Duke R nicht nur auf ihre spezielle Art, sondern auch dank ihrer überraschenden Vielseitigkeit ein absolutes Highlight des Motorradjahrgangs 2017.

Ralf Schütze/mid

Technische Daten KTM 1290 Super Duke R:
Naked Bike mit wassergekühltem V2-Motor (75°-Winkel), Hubraum 1.301 ccm, max. Leistung: 130 kW/177 PS bei 9.750 U/min, max. Drehmoment: 141 Nm bei 7.000 U/min, Sechsgang-Getriebe, Kette. Chrom-Molybdän-Stahl-Gitterrohrrahmen, Motor mittragend, Upside-Down-Telegabel mit 48 mm Standrohrdurchmesser vorn, Leichtmetall-Einarmschwinge hinten mit komplett einstellbarem Zentralfederbein, Doppelscheibenbremse vorn: 320 mm, Einscheibenbremse hinten: 240 mm, Kurven-ABS. Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/55 ZR 17, Aluminium-Gussräder, Sitzhöhe: 835 mm, Tankvolumen: 18 l, Radstand: 1.482 mm, Trockengewicht: 195 kg, Vmax: 270 km/h.

Der Artikel "KTM 1290 Super Duke R: Die Zahme und das Biest" wurde am 25.09.2017 in der Kategorie Fahrbericht von Ralf Schütze mit den Stichwörtern Motorrad, Test, Fahrbericht, Naked Bike, Test-Bericht, Pressevorstellung, Test, Bericht, Kurztest, Vorstellung veröffentlicht.

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