Auto

Jeep erfindet den Wrangler neu und bleibt sich treu

17. Mai 2017, 15:36 Uhr
Jürgen Zöllter
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Die Festgesänge zum 75. Markenjubiläum 2016 noch im Ohr komponieren die Jeep-Macher bereits neue Hymnen. Zur Begrüßung des komplett neuen Jeep Wrangler, der elften Auflage des traditionsreichen Geländewagens. Die wichtigste Botschaft, ausgegeben von FCA-Chef Sergio Marchionne höchstpersönlich: Der Nachfolger des seit zehn Jahren gebauten Wrangler JK bekommt zahlreiche Geschwister.

Die Festgesänge zum 75. Markenjubiläum 2016 noch im Ohr komponieren die Jeep-Macher bereits neue Hymnen. Zur Begrüßung des komplett neuen Jeep Wrangler, der elften Auflage des traditionsreichen Geländewagens. Die wichtigste Botschaft, ausgegeben von FCA-Chef Sergio Marchionne höchstpersönlich: Der Nachfolger des seit zehn Jahren gebauten Wrangler JK bekommt zahlreiche Geschwister.

Jedes Jahr im Frühling, wenn Zehntausende Jeep-Enthusiasten im Wüstennest Moab im US-Bundesstaat Utah einfallen, wirbeln dort auch Jeep-Designer mit Konzeptfahrzeugen mächtig Staub auf. In diesem Jahr haben sie drei Studien auf Basis des Wrangler dabei, die das Potenzial der Offroad-Ikone zeigen sollen. Besondere Bedeutung fällt ihnen zu, weil zumindest in Details die kommenden Wrangler-Varianten durchscheinen, die künftig das Geschäft mit großer Modellvielfalt beleben sollen.

So darf die Jeep-Gemeinde neben einem Pick-up auf Basis des neuen JL endlich auch einen Zweisitzer aus der "Mucki-Bude" erwarten, hier als Jeep Quicksand dargestellt. "Ein Jeep für Leute, die den Sanddünen-Lifestyle pflegen", erklärt Chefdesigner Mark Allen. Ähnlich einem Muscle-Shirt, das mit wenig Stoff notdürftig einkleidet, wurde die Karosserie des zweitürigen Wrangler jenseits der Hinterräder abgeschnitten. Das Dach einschließlich Windschutzscheibe folgt dem Vorbild von "Hot Rod"-Fahrzeugen der 1960er-Jahre, ist um 10 Zentimeter "gechopped", also tiefer gelegt. Es besteht aus einem abnehmbaren Hardtop ohne B-Säulen. Wer es zu Hause lässt, genießt uneingeschränktes Roadster-Feeling.

Wir nehmen auf roten Ledersitzen unterm verchromten Überrollschutz Platz, legen den grellroten Beckengurt an und schicken über einen roten Hauptschalter Zündstrom ans Aggregat. Verheißungsvoll surrt die Benzinpumpe, wir drücken den Anlasserknopf - und schrecken zusammen! Einer Detonation gleich springt das 6,4-Liter-Aggregat an, dreht ballernd über 2.000 Touren und fällt ins Standgas zurück. Der "Quicksand" und wir spannen die Muskeln, stemmen den ersten von sechs manuell abrufbaren Gängen rein und lassen die Kupplung schnalzen. Was nun folgt, gleicht mehr dem Ritt auf der Kanonenkugel als einer Autofahrt.

Der "392 HEMI Crate"-Alu-Achtzylinder mit Doppelzündung und variabler Ventilsteuerung stammt von Mopar, der Jeep-eigenen Tuningabteilung. Er stemmt 637 Newtonmeter Drehmoment auf die Kurbelwelle, die weiter an die Hinterräder oder wahlweise an alle vier Gummis fließen. Der Achtender arbeitet als Adrenalin-Kraftwerk, wenn er über acht senkrecht zum Himmel weisende Ansaugschnorchel röchelnd einatmet und durch zwei Vier-in-eins Abgastrompeten sein Hohelied auf die heroische V8-Ära des amerikanischen Motorenbaus bläst. Dann lässt er den Quicksand wie einen Laubfrosch nach vorn springen.

Auf losem Untergrund schwänzelt der Muscle-Jeep heckgetrieben geradezu übermütig um Ecken. Kurze Gasstöße genügen, um Kurven in lupenreinen Drifts zu nehmen. Geht's in den Tiefsand, schaltet man besser die Vorderachse zu. Und wenn wir uns über grobe Felsbrocken vorantasten, hilft das Untersetzungsgetriebe. Bis zu 492 PS können auf Asphaltstraßen abgerufen werden. Allerdings "eiert" der Quicksand mit Ballonreifen dort wie ein nervöses Fohlen hin und her. Wegen der unpräzisen Lenkung kann er nur schwer auf Kurs gehalten werden. Als Reiseauto ist er ungeeignet. Zumal sich im Gepäckabteil hinter den Sitzen der 60-Liter-Benzintank breit macht. Mehr als Badezeug passt hier nicht rein!

Mit seinem einfachen Interieur setzt der "Quicksand" eine Duftmarke für eine puristische Variante des neuen Wrangler. Die Instrumentierung beschränkt sich auf Tacho, Wasser- und Öltemperatur sowie Voltmeter und Tankuhr. Ein Drehzahlmesser thront zentral auf der Armaturentafel. Eine Klimatisierung gibt es nicht. Der "Quicksand" ist ein Schönwetter-Auto. Und genau ein solches dürfte Jeep in der neuen Angebotspalette führen: Einen Zweitürer ohne Schnickschnack, leicht und mit abwaschbarem Interieur. Mit extremer Geländetauglichkeit und ohne elektronischen Overkill.

Auf dem viertürigen Wrangler basiert der Jeep Safari. Er visualisiert Bestrebungen der Jeep-Entwickler, den Gewichtsproblemen mit Leichtbau-Materialien zu begegnen - hier mit einem Aluminium-Hardtop, -Gepäckträger und -Türrahmen. Damit deuten die Designer an, dass die nächste Generation Wrangler Anbauteile aus Leichtmetall tragen wird.

Dass Jeep-Fahrer die Nähe zur Natur lieben und sie wegen extremer Geländetauglichkeit ihres Wrangler hautnah erleben dürfen, thematisiert der Jeep Safari durch maximale Transparenz. Seine Aluminium-Türrahmen sind mit durchsichtigem Vinyl bespannt. Die dritten Seiten- sowie das Heckfenster fallen extrem groß aus. Die Einzelsitze im Fond lassen sich nach außen drehen, um den Blickwinkel der Passagiere zu erweitern - ein Panoramablick wie in keinem anderen bedachten Auto. Integriert ist ein Drohnen-Landeplatz. Gesteuert wird der Quattrokopter vom Innenraum aus. Er kann den nicht schneller als 40 km/h fahrenden Jeep beispielweise auf spektakulären Geländetouren aus der Luft filmen und findet vollautomatisch zurück zum Landeplatz. Der Safari muss dafür nicht einmal anhalten!

Zwei Merkmale fließen unverändert in die neue Wrangler-Generation ein. Auf Wunsch kann ein Tablet mit passender Halterung bestellt werden, über das - in den Armaturenträger eingeklickt - die Steuerung der Entertainment-Funktionen erfolgt. Erstmals werden beim Safari die sieben Scharten des Kühlergrills durch eine dreidimensional geformte Maske gebildet. Im oberen Drittel flieht sie leicht nach hinten. Und die Windschutzscheibe ist deutlich stärker geneigt als beim aktuellen Wrangler.

Ein Wrangler muss nicht in die Rolle eines Innovationstreibers für elektronisch gesteuerte Assistenzsysteme wachsen, sagen seine Fans. Er ist ein Werkzeug in der Gewalt von Piloten, die Wege ebnen, wo eigentlich keine sind. Technik, die dabei unterstützt, ist willkommen, etwa ein ausgeklügeltes Beleuchtungssystem. Ein entsprechend aufgerüsteter Wrangler Limited demonstriert das Potenzial von Hochleistungs-LEDs der Automotive Lighting Division (ALD), einer Abteilung von Magneti Marelli. Der Zulieferer plant, über Mopar ein umfangreiches Licht-Package für die nächste Generation Wrangler anzubieten.

"Luminator" heißt der mit Solarpanel, Zusatz-Batterie und einem bunten Strauß LED-Scheinwerfer ausgestattete Viertürer. Seine 18-Zentimeter-Hauptscheinwerfer, das Kurvenlicht und das auf dem Stoßfänger montierte Fernlicht werden durch zwei Lichtleisten hinter der Windschutzscheibe unterstützt. Die LED leuchten bis zu 500 Meter Wegstrecke taghell aus. Auf der Motorhaube wohnen radargestützte Such-Scheinwerfer. Sie erfassen Tiere oder andere bewegte Objekte und leuchten sie punktgenau aus. Wenn es nachts um Millimeterarbeit beim Überwinden von Hindernissen geht, schaltet der Fahrer Leuchtdioden in Radhäusern und Unterboden ein. So wird Manövrieren zum Kinderspiel!

Und so tragen alle von Jeep-Designern zur Moab Safari 2017 aufgebauten Wrangler offensichtliche und subtile Hinweise auf die nächste Generation. Dem Beobachter formen sie ein Gesamtbild und vertreiben die Angst, dass die Neuauflage der Marken-Ikone entscheidende Charakterzüge verlieren könnte. Der neue Wrangler schreibt die Tradition des widerstandsfähigen Geländegängers mit Leiterrahmen und aufgepflanzter Karosserie fort. Wobei der Rahmen aus hochfesten Stählen leichter baut, einige Anbauteile der Karosserie aus Aluminium, andere aus Kunststoff sein werden.

Mit runderneuerter Antriebstechnik, behutsam geschärftem Design und zweckorientierten modernen Zutaten wie höherwertigen Verkleidungen innen, leistungsstarker Lichttechnik und überschaubarem Konnektivitäts-Angebot darf man rechnen. Die wichtigste Botschaft lautet: Der Wrangler bleibt wiedererkennbar und wächst zu einer Modellfamilie mit zahlreichen Derivaten. Damit jeder den Wrangler bekommt, den er verdient!

Jürgen Zöllter / mid

Der Artikel "Jeep erfindet den Wrangler neu und bleibt sich treu" wurde am 17.05.2017 in der Kategorie Neuheiten von Jürgen Zöllter mit den Stichwörtern Auto, Geländewagen, Studie, Offroad, Allrad, Lifestyle, Vorstellung, veröffentlicht.

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