Zulieferer

ZF lässt Autos sehen, denken und handeln

30. März 2017, 13:20 Uhr
Mirko Stepan
Auto-Industrie und Zulieferer stellen sich immer stärker auf das Elektro-Zeitalter ein. So auch Getriebe-Spezialist ZF. Allerdings gehen die Friedrichshafener davon aus, dass mit Bauteilen für Autos, die mit konventionellen Motoren vorfahren, noch zehn bis 20 Jahre lang parallel zur voranschreitenden Elektrifizierung Geld zu verdienen ist. Dennoch investiert das Unternehmen Milliarden in die Entwicklung neuer Mobilitäts-Lösungen.


Auto-Industrie und Zulieferer stellen sich immer stärker auf das Elektro-Zeitalter ein. So auch Getriebe-Spezialist ZF. Allerdings gehen die Friedrichshafener davon aus, dass mit Bauteilen für Autos, die mit konventionellen Motoren vorfahren, noch zehn bis 20 Jahre lang parallel zur voranschreitenden Elektrifizierung Geld zu verdienen ist. Und wenn kein Diesel unter der Haube steckt, dann ist es eben ein Benziner. Das habe auf das Geschäft von ZF keine Auswirkung, sagt Dr. Stefan Sommer, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.

Dennoch arbeitet ZF natürlich mit Hochdruck an der Elektrifizierung der Mobilität. Eine der sieben Divisionen, in die das Unternehmen untergliedert ist, beschäftigt sich ausschließlich mit diesem Thema. Und auch die Investitionen, die ZF tätigt, sind mit Blick auf das große Geschäft mit den sauberen Autos gemacht, die - in naher Zukunft - fahrerlos durch die Städte surren. Neuestes Mitglied der ZF-Familie ist die Astyx Communication & Sensors GmbH, spezialisiert auf Radar-Technologie. Den Transfer hat Dr. Sommer zusammen mit den Zahlen des Geschäftsjahres 2016 verkündet, beides sorgt bei ZF für zufriedene Mienen.

Der Konzernumsatz ist im vergangenen Jahr um 20,6 Prozent auf 35,2 Milliarden Euro gewachsen. Der bereinigte Free Cashflow summierte sich auf zwei Milliarden Euro. Diese Mittel hat ZF genutzt, um Schulden abzubauen, die aus der TRW-Übernahme im Mai 2015 herrühren. 1,6 Milliarden Euro hat ZF abgetragen. Zwei Milliarden Euro wurden in Forschung und Entwicklung investiert, 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anstieg resultiere insbesondere aus einer gesteigerten Entwicklungsintensität in den Divisionen Aktive & Passive Sicherheitstechnik sowie E-Mobility, teilt ZF mit.

Die Investments sollen helfen, bei den "dramatischen Veränderungen" ganz vorne mit dabei zu sein, sagt Dr. Harald Naunheimer, Leiter der zentralen Forschung und Entwicklung bei ZF. In den kommenden 20 Jahren werden Hybrid-Module eine gewichtige Rolle spielen, da ist man sich in Friedrichshafen sicher. Sowohl Mild-Hybride als auch Plug-In-Hybride werden als Brückentechnologie den Weg zum rein elektrischen Antrieb ebnen. ZF hat sich dafür gerüstet und beispielsweise ein Getriebe entwickelt, in das die Steuereinheit für den E-Antrieb integriert ist. Das spart Platz, soll den Autobauern, die dieses Modul einkaufen, mehr Möglichkeiten und schnellere Reaktionszeiten auf die Kundenwünsche bieten und lästige Integrationsprobleme vermeiden, die entstehen, wenn Technik unterschiedlicher Zulieferer ins Auto gepackt wird.

Und wenn heute über Elektrifizierung gesprochen wird, ist auch die Automatisierung der Mobilität nicht weit. ZF stellt sich auf völlig neue Konzepte ein. Die Innenraumarchitektur von Autos wird sich radikal verändern, was neue Ideen im Bereich Insassenschutz notwendig macht. Heute sitzen Menschen mit dem Blick in Fahrtrichtung im Auto. Darauf abgestimmt sind alle Sicherheits-Systeme, zum Beispiel die Airbags. Wenn aber in Zukunft auf allen Plätzen im Auto Passagiere sitzen oder gar liegen, und die Sitze möglicherweise um 90 Grad gedreht sind, dann wird der Frontalaufprall bei einem Unfall zum Seiten-Crash - das bereitet Autobauern und Zulieferern Probleme, deren Lösung kosten- und entwicklungsintensiv ist.

Etwas einfacher zu automatisieren als der Pkw-Verkehr ist die Industrie-Sparte. Denn hier bewegen sich Fahrzeuge in abgegrenzten Räumen, in denen nicht plötzlich Rehe die Straße queren oder Gegenverkehr von den Sensoren erfasst werden muss. ZF wird in den nächsten Monaten ein entsprechendes System präsentieren. Details verrät das Unternehmen noch nicht. Es könnte eine Anwendung für den Logistik-Bereich sein, denkbar ist hier etwa ein autonom arbeitender Gabelstapler. Die Technik, die in solchen Industriemaschinen steckt, ist nahezu identisch mit der aus dem Automobilbereich.

"Den tiefgreifenden Wandel in der Automobilindustrie nutzt ZF für einen Transformationsprozess zu einem Technologiekonzern, der in den Zukunftsfeldern E-Mobilität und autonomes Fahren eine führende Rolle einnimmt", sagt ZF-Chef Dr. Stefan Sommer. "Auch das Auto der Zukunft fährt nicht ohne Mechanik." See - Think - Act, Sehen - Denken - Handeln - so lautet der Slogan von ZF und das Leitmotiv für die unternehmerische Ausrichtung der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Das viel zitierte "iPhone auf Rädern" benötige weiter eine Bremse und eine Lenkung, Achsen und andere mechanische Komponenten, so ZF-Chef Dr. Sommer. "Hier, in der Kombination aus Hardware und Software, liegt unsere Stärke - wir produzieren intelligente mechanische Systeme."

Mirko Stepan

Der Artikel "ZF lässt Autos sehen, denken und handeln" wurde am 30.03.2017 in der Kategorie New Mobility von Mirko Stepan mit den Stichwörtern Zulieferer, Elektromobilität, Technik, Wirtschaft, New Mobility, veröffentlicht.

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