Auto

Kia Rio: Der Kleine mit der Tigernase

3. Februar 2017, 13:40 Uhr
Klaus Brieter
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In der gut besetzten Kleinwagen-Klasse tut sich wieder was. Kia geht mit dem komplett neuen Rio in die Frühlings-Offensive und provoziert die alteingesessenen Modelle der Konkurrenz: Nichts für Schnäppchenjäger, aber ein gutes Angebot für Kunden mit hohem Qualitätsanspruch.


Die Koreaner haben wieder zugeschlagen. Diesmal melden sie sich kraftvoll in der Kleinwagen-Klasse zu Wort. Denn der neue Kia Rio ist eine klare Ansage an VW Polo und Co. Das fängt schon beim Design an. Selbstbewusst reckt der knuffige Rio seinen Grill - die nun breiter und flacher interpretierte "Tigernase" - in die Autowelt. Mit der gegenüber dem Vorgängermodell verlängerten Motorhaube, dem kürzeren Überhang des Hecks, der steileren C-Säule und der prägenden Schulterlinie steht der Kleine proper auf den Rädern, die je nach Ausstattungsvariante von 15 bis auf 17 Zoll Felgendurchmesser haben können. Ein gelungen frischer, erster Eindruck.

Wie bei Kia inzwischen üblich, präsentieren sich die Verarbeitung akkurat und die Innenmaterialien wertig. Ohne Schnickschnack, sondern einfach klar und gut ablesbar gestaltet, kommen die zentralen Instrumente Tacho und Drehzahlmesser ihren Aufgaben nach: große schwarze Skalen, weiße Ziffern und rote, innen beleuchtete Zeiger. Je nach Ausstattung übernimmt ein bis zu sieben Zoll großer und mittig nach oben gerückter Bildschirm die Darstellung der Infotainment-Funktionen und der Navigation. Ergänzt wird dieses Cockpit-Ensemble durch sinnvoll angeordnete Bedienelemente, die keine Rätsel aufgeben.

Ratlosigkeit provoziert Kia dagegen eher beim Blick in Liste der Motoren. Hier verheddern sich die Koreaner in einer Aufstellung von unterschiedlichen Hubräumen und Zylinderzahlen, sowie sich zum Teil überlappenden Leistungen. Da übernehmen die "dicken" Vierzylinder mit 1,2 und 1,4 Liter Hubraum die Einstiegsmotorisierungen von 84 bis 99 PS, während der schnuckelig schlanke Dreizylinder mit einem Liter Hubraum die Stafette erst mit 100 PS übernimmt oder mit 120 PS noch oben draufsetzt. Der Knoten ist erst dann zu entwirren, wenn man realisiert, dass ein Automatikgetriebe nur in Verbindung mit dem 1,4-Liter-Motor zu haben ist, und der alte 1,2-Liter-Motor als Lockangebot für den schmaleren Geldbeutel ganz unten in der Preisliste positioniert ist. Beide Vierzylinder kranken daran, dass sie erst bei Drehzahl 4.000 aufwachen, während der kleine Turbomotor mit Direkteinspritzung schon bei 1.500/min sein maximales Drehmoment offeriert.

Was der neue Triebling kann, durfte er beim ersten Aufgalopp in der Nähe von Lissabon zeigen. Wir fuhren die Version mit 100 PS, die laut Datenblatt mit 4,5 Liter Super auf 100 Kilometer auskommen soll. In Verbindung mit seinem leicht und präzise schaltbaren 5-Gang-Getriebe lässt der Drehwurm, der auch schaltfaul gefahren werden kann, kaum Wünsche offen. Diese glückliche Kombination verdient es, dass man sie für den Rio empfiehlt. Für Kunden, die unbedingt ein Automatikgetriebe haben wollen, lohnt es sich allerdings, mit dem Kauf noch etwas zu warten. Kia arbeitet schon emsig an einem automatisierten Schaltgetriebe, das dann auch mit dem Einliter gekoppelt werden kann. Den Dieselfreunden sei noch mitgeteilt, dass zusätzlich zu den Benzinern zwei 1,4-Liter-Vierzylinder-Turbos mit 77 und 90 PS in der Liste stehen.

Einmal in Fahrt, begeistert der kleine Koreaner durch einen Federungskomfort, der in dieser Fahrzeugklasse nicht häufig anzutreffen ist. Straßenunebenheiten werden prima geschluckt, ohne dass der Rio zu einer Sänfte wird, die bei sportlicher Gangart aufschaukelt und dann überfordert ist. Die Lenkung vermittelt auf kurvenreicher Strecke guten Bodenkontakt, sie könnte lediglich für das wuselige Fahren in der Stadt einen Tick direkter sein. Der Wendekreis von 10,2 Meter ist akzeptabel, aber für einen Kleinwagen auch keine Meisterleistung.

Bei den Ausstattungslinien setzt Kia scheinbar auf Vielfalt: Attract, Edition 7, Dream-Team Edition, Spirit und Platinum Edition. Scheinbar, denn für die 100-PS-Variante reduziert sich die Auswahl auf die beiden Linien Dream-Team Edition und Spirit. So ist der Einstieg mit diesem Antrieb unter 16.890 Euro nicht möglich, und wer den Rio gern zum "Premium"-Kleinwagen hochpreisen will, muss dann auch noch 20 PS dazu nehmen. Positiv: Obwohl in dieser Klasse kaum anzutreffen, hat Kia bereits beim Spirit den autonomen Bremsassistenten mit Fußgängererkennung serienmäßig als Teil des "Advanced-Driving-Assistance-Pakets" an Bord, das sonst für 990 Euro Aufpreis zu haben ist.

Der Rio ist zwar selbst in der Basisversion nicht ärmlich ausgestattet, macht aber beim Blick in die Preisliste deutlich, dass er längst nicht mehr zu den Billigheimern gehört. Zudem grassiert auch bei seinen Marketing-Vätern die Unsitte, nur noch eine einzige Farbe ("Schneeweiß") ohne Mehrpreis anzubieten. So gesehen, sollte der Kaufinteressent durchaus zum spitzen Bleistift greifen und austattungsbereinigt durchrechnen, was die Konkurrenz - zum Beispiel ein 110 PS starker VW Polo in Highline-Ausstattung - zu bieten hat. Dann schmelzen die Unterschiede zum Kia wie der Schnee im Frühling, und schon gewinnen die Emotionen bei der Kaufentscheidung die Oberhand. Ein Kauf ohne Reue ist der Kia Rio allemal: Denn das Preis-/Leistungsverhältnis ist wie auch die Qualität stimmig, und sieben Jahre Garantie bietet sonst keiner. Wie gesagt: Die Koreaner haben wieder zugeschlagen.

Klaus Brieter/mid

Technische Daten Kia Rio 1.0 T-GDI Dream-Team Edition:
Fünftüriger Kleinwagen, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 4,07/1,73/1,45/2,58, Leergewicht: 1.155 - 1.228 kg, Zuladung: 445 kg, Tankinhalt: 45 l, Kofferraumvolumen: 325 - 980 l.
Motor: Dreizylinder-Turbo-Benziner mit Direkteinspritzung, Hubraum 998 ccm, Leistung: 74 kW/100 PS bei 4.500/min, max. Drehmoment: 172 Nm bei 1.500-4.000/min, 0-100 km/h: 10,7 s, Höchstgeschwindigkeit: 186 km/h, 5-Gang-Schaltgetriebe, Frontantrieb, Durchschnittsverbrauch: 4,5 l Super/100km, CO2-Ausstoß: 102 g/km, Energieeffizienzklasse: B, Preis: 16.890 Euro.

Der Artikel "Kia Rio: Der Kleine mit der Tigernase" wurde am 03.02.2017 in der Kategorie Fahrbericht von Klaus Brieter mit den Stichwörtern Auto, Kleinwagen, Fahrbericht, Neuheit, Test-Bericht, Pressevorstellung, Test, Bericht, Kurztest, Vorstellung veröffentlicht.

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