Verkehrssicherheit

Tödliche Ablenkung: Dem Navi den Stecker ziehen

2. Dezember 2016, 10:51 Uhr
Ralf Loweg
Abgelenkte Autofahrer sind eine tödliche Gefahr - für sich und andere Verkehrsteilnehmer. Das belegen erschreckende Zahlen, die der Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier präsentiert. Der Experte spricht sich aus diesem Grund auch dafür aus, dass die Bedienung von Navigationssystemen während der Fahrt nicht möglich sein sollte. Und dann?

Abgelenkte Autofahrer sind eine tödliche Gefahr - für sich und andere Verkehrsteilnehmer. Das belegen erschreckende Zahlen, die der Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier präsentiert. 2015 wurden in Deutschland 3.475 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet. Und bei wie vielen dieser Unfälle war eine Ablenkung durch technische Geräte wie Smartphones oder Navigationssysteme die Ursache? "Da gibt es nur Schätzungen: Man geht davon aus, dass 10 bis 15 Prozent aller tödlichen Unfälle durch Ablenkung passieren", sagt Fastenmeier in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Der Experte geht davon aus, dass sich an der tödlichen Ablenkung so schnell nichts ändern wird. Und warum? "Kurz gesagt: Wenn ich am Steuer eine SMS tippe und dabei keinen Crash baue, gehe ich davon aus, dass es beim nächsten Mal auch gut geht", so Wolfgang Fastenmeier. Wenn es also nicht allzu viel Hoffnung auf gesunden Menschenverstand gibt - wie lässt sich das Problem dann lösen? Durch Gesetze und technische Vorgaben, meint der Verkehrspsychologe. So sei er beispielsweise dafür, dass die Bedienung von Navigationssystemen während der Fahrt nicht möglich sein sollte. Und weiter? "Wer ein Ziel in seinem Navi programmieren will, muss dann anhalten. Das gleiche gilt unter anderem auch fürs Telefonieren."

Das klingt fast nach einer Abschaffung aller Kommunikationsmittel im Auto. Fastenmeier: "Ja. Cleverer wäre natürlich eine Art automatischer Informationsmanager. Ein System, das je nach Komplexität der Verkehrssituation bestimmte Funktionen unterdrückt." Und wie soll das in der Praxis funktionieren? "Wenn ich auf einer stark befahrenen Straße links abbiege und mich auf den Gegenverkehr konzentrieren muss, darf in diesem Augenblick kein Anruf durchgestellt werden." Der Nutzen solcher Informationsmanager sei in Studien nachgewiesen, aber kein Hersteller habe dies bisher umgesetzt. Der Grund dafür liegt für Fastenmeier auf der Hand: "Die Technik ist noch nicht soweit. Dazu müsste das Auto ja jede Verkehrssituation zuverlässig einschätzen können."

Es gibt doch schon längst Sprachbedienungen und Freisprechanlagen. Das müsste die Gefahr der Ablenkung ja eigentlich verringern. Das sieht Wolfgang Fastenmeier anders: "Das bringt keine signifikante Verbesserung. Sprachbedienung wird ja immer als Wundermittel gepriesen, weil man nicht mehr an Knöpfen oder Tasten herumhantieren muss. Aber man kann sich eben trotzdem nicht richtig auf den Verkehr konzentrieren. Die Ablenkung findet im Kopf statt."

Auch Beifahrer sollten das Handy wärend der Fahrt weglegen. Warum? "Wenn der Beifahrer am Navigationssystem rumspielt oder telefoniert, stört das den Fahrer ebenfalls in der Konzentration", erklärt Wolfgang Fastenmeier. Der 59-Jährige weiß, wovon er spricht. Er ist Professor an der Psychologischen Hochschule Berlin. Sein Schwerpunkt liegt unter anderem auf Sicherheitsanalysen im Straßenverkehr.

Der Artikel "Tödliche Ablenkung: Dem Navi den Stecker ziehen" wurde am 02.12.2016 in der Kategorie Ratgeber von Ralf Loweg mit den Stichwörtern Verkehrssicherheit, Verkehrsunfälle, Smartphone, Tipp & Infos, veröffentlicht.

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