Elektroauto

Die Zukunft des Automobils ist kein offenes Buch

1. Dezember 2016, 17:07 Uhr
Michael Kirchberger
Die Strukturen unserer Mobilität werden sich ändern. Mehr Menschen auf dem Planeten als je zuvor, die meisten in den Städten lebend, in denen die Luft immer schlechter wird. Nissan denkt zusammen mit dem strategischen Partner Renault als Pionier im Segment der Elektroautos nicht nur ans Vorankommen auf Rädern, sondern auch an autonomes Fahren und die Vernetzung von Automobilen. Ein Statusbericht der Forschung.

Die Strukturen unserer Mobilität werden sich ändern. Mehr Menschen auf dem Planeten als je zuvor, die meisten in den Städten lebend, in denen die Luft immer schlechter wird. Nissan denkt zusammen mit dem strategischen Partner Renault als Pionier im Segment der Elektroautos nicht nur ans Vorankommen auf Rädern, sondern auch an autonomes Fahren und die Vernetzung von Automobilen. Ein Statusbericht der Forschung.

Gerade hat die Meldung für Aufsehen gesorgt, dass Nissan die Amsterdam Arena, das Heimstadion des Fußballvereins Ajax Amsterdam, mit einer Notstromversorgung aus Auto-Fahrbatterien ausgerüstet hat. Diese Einsatzart der mobilen Stromer ist nicht neu. Bereits Mitte 2016 hat die japanische Marke im britischen Werk Sunderland, wo unter anderem das erfolgreiche Crossover-Modell Qashqai vom Band läuft, eine Anlage in Betrieb genommen, die einerseits die Akkus der Elektroautos aufladen kann, zum anderen aber auch deren Energie zur Abpufferung von Belastungsspitzen bei der Produktions-Versorgung mit Strom übernimmt. Überschüssige Energie fließt wiederum in die Batterien der elektrisch angetriebenen Leaf- und NV200-Modelle, steigt der Energiebedarf in der Produktion, speisen sie den Strom zurück ins Netz. Das bringt erhebliche Vorteile beim Layout von Kraftwerken, die sonst alleine diese Spitzenbelastungen abfedern müssen und entsprechend größer und kostspieliger konzeptioniert werden müssten.

Aber auch die Einsatzmöglichkeiten der Elektromobile stellt Nissan auf den Prüfstand. Rachel Nguyen, Direktorin des Future Lab Renault-Nissan mit Sitz in Paris und Tokio, benennt die sozialen Komponenten von Carsharing-Modellen, die man untersucht hat. Wie geht der Folgenutzer damit um, wenn er ein Auto verunreinigt antrifft oder es nicht an der vereinbarten Stelle steht. Die soziale Komponente steigert die Fairness der Gemeinschaft, hat man erfahren. Bessere Menschen durch die teilungsbereite Gesellschaft? Es scheint sich tatsächlich eine Möglichkeit zu ergeben, eine Gemeinschaft mit neuen Werten auszustatten.

Außerdem sehen die Nissan-Forscher Leasing-Modelle, bei denen sich drei bis fünf Personen ein Auto teilen, als ideal an. Kritiker jedoch weisen auf die Drive-Select-Programme der Premiumhersteller hin, bei denen der Kunde gegen erhöhte Leasingraten sein Wunschfahrzeug wählen kann. Diese Modelle scheitern daran, dass alle Nutzer im Früh- oder Spätsommer ein Cabrio und im Winter ein Allradfahrzeug fahren wollen, obendrein in den Urlaubszeiten einen Kombi oder eine Großraumlimousine wünschen. Hier scheint es noch einen erheblichen Untersuchungsbedarf zu geben.

Dr. Melissa Cefkin vom Nissan Research Center im Silicon Valley in den Vereinigten Staaten widmet sich mit ihrer Forschungsgruppe der Interaktion zwischen autonom fahrenden Autos und den realen Verkehrsteilnehmern. "Wir müssen dem selbstfahrenden Auto menschliches Verhalten beibringen", lautet ihr Fazit. Denn Menschen erwarten Rückmeldungen auf ihr Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr. Sie kommunizieren mit Autofahrern und wollen eine Bestätigung dafür erhalten, gesehen worden zu sein. "Gib mir ein Signal, dass du mich erkannt hast, dass du zu warten scheinst, bis der Radfahrer vorbei ist", lauten die Kommunikationsfragen zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autolenkern. Dies müsse das selbstfahrende Autos lernen, um reibungslos am Verkehr teilnehmen zu können.

Wie im bereits 2015 auf der Tokio Motor Show gezeigten Nissan-Konzeptfahrzeug IDS können neuartige Indikatoren des Automobils diesen Teil der notwendigen Kommunikation übernehmen. Über einen Intention Indicator, der über Lichteffekte von Blau, Gelb und Rot signalisieren kann, ließe sich so eine nonverbale Kommunikation aufbauen, die ein sicheres Miteinander von autonom fahrenden Autos und anderen Verkehrsteilnehmern gewährleistet.

"Was mache ich, und was sollst Du tun", das symbolisieren die Farben an den entsprechenden Karosserieteilen. Blau bedeutet, alles ist gut, wir befinden uns in einem harmonischen Miteinander. Gelb zeigt an, dass die Situation zu wünschen übrig lässt und sich ein Konflikt zuspitzen könnte. Rot ist klar die Alarmfarbe, bei der unverzügliches Handeln nötig ist, um eine Gefahrensituation zu entschärfen. Zuletzt könnten sogar Textnachrichten auf entsprechenden Displays die Aktionen des Autos anderen, nicht elektronisch gelenkten Verkehrsteilnehmern mitteilen.

Dr. Cefkin ist keine Automobil-Ingenieurin, sondern Sozial-Anthroposophin. Was zeigt, das autonomes Fahren nicht einfach nur eine technische Herausforderung darstellt, sondern einer interdisziplinären Forschung bedarf, die weit über die heutigen Anforderungsprofile hinausgeht. Wie auch immer, die Zukunft hat bereits gestern begonnen und es ist höchste Zeit, über die Welt von übermorgen nachzudenken. Schön, wenn das Traditions-Unternehmen wie Daimler, Opel, VW und auch Nissan-Renault heute bereits tun. Obwohl die Erkenntnisse keinen direkten Profit, sondern allenfalls ein Bestehen in den nächsten Jahrzehnten versprechen.

Michael Kirchberger

Der Artikel "Die Zukunft des Automobils ist kein offenes Buch" wurde am 01.12.2016 in der Kategorie News von Michael Kirchberger mit den Stichwörtern Elektroauto, Elektromobilität, Autonomes Fahren, Telematik, Forschung, News, veröffentlicht.

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