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Sonst noch was? - Zwischen Spitzenleistung und Sauberkeit

29. November 2015, 09:42 Uhr
Günter Weigel/SP-X
Darüber, wie viel Leistung ein Auto braucht, was vernünftig oder unvernünftig ist und wie sich in dem Fall Vernunft überhaupt darstellt, kann man lange diskutieren. Muss man aber nicht. Auch nicht über den nächsten vermeintlichen Diesel-Skandal.

Unsere Nachbarn wohnen in einem alten Häuschen, das knapp hundert Jahre alt ist. Die elektrischen Leitungen nebst den Sicherungen sind nicht ganz ,,up to date". Das führt dazu, dass der Staubsauger seine Kilowatt nicht auf den Teppich bringt, wenn gleichzeitig die Waschmaschine läuft. So ähnlich geht es auch dem Tesla Model S in seiner stärksten Daseinsform.

Das hat in der Arithmetik von Herrn Musk satte 772 PS, 262 an der Vorder- und 510 an der Hinterachse. Gibt man Vollstrom, arbeiten - so kennt man das auch von herkömmlichen Motoren - irgendwann bei einer bestimmten Drehzahl alle Pferdchen zusammen. Die maximale Kraft ist erreicht und genau an dem Punkt definiert sich dann auch die höchste Motorleistung.

Nicht so beim Tesla S. Die Motoren vermögen zwar so viele PS bereitzustellen, allein die Batterie liefert nicht schnell genug Futter um alle zu betreiben. An der Stelle geht es dem Model S wie dem neuen Staubsauger im alten Haus. Es kommt nicht genug Strom an. Nun verlangt dummerweise die EU-Richtlinie ECE R 85, dass in technischen Daten von Fahrzeugen die maximal erreichbare Leistung angegeben wird. Und zwar die, die auch an der Achse ankommt. Das sind, Tesla hat da nochmal nachgerechnet,  539 PS. Und die etwas schwächeren Versionen leisten nun 442 beziehungsweise 332 PS. Nicht schlecht, aber dann doch wieder nicht so eklatant viel mehr, genau genommen sogar weniger als bei manch anderer potenten Limousine herkömmlicher Machart.

Nun sind wir ja schon aus Neutralitätsgründen jeder Schadenfreude abhold, können uns aber vorstellen, dass es Menschen gibt, die zumindest ein dezentes Grinsen nicht unterdrücken können, wenn lautstark vorgetragene Visionen einen kleinen Crash mit der Realität erleiden. Es hat übrigens niemand Herrn Musk gezwungen zu behaupten, seine Limousinen wären so stark.

Gezwungen ist hingegen VW, etwas an seinen Dieselmotoren zutun. Und dafür hat man dieser Tage eine Lösung präsentiert, die auf den ersten Blick verblüffend simpel daherkommt und zudem noch günstig ist. Wobei günstig relativ ist. Einerseits summieren sich die Maßnahmen für die 1,6- und 2,0-Liter-Motoren auf eine halbe Milliarde, andererseits sind es rund zehn Euro pro Auto. Die zehn Euro könnten, wenn man denn diese Lösung damals schon gehabt hätte, zu viel gewesen sein, geht es doch bei Millionenauflagen in der Autoproduktion gerne um Kosten im Cent-Bereich, die man vermeiden will. Hinterher, wo bekanntlich alle schlauer sind, scheinen die zehn Euro pro Auto ziemlich wenig.

Unseren Freunden von der Deutschen Umwelthilfe sind sie sicher zu wenig. Die haben in ihrem Feldzug wider den bösen Diesel diese Woche den Renault Espace als Umweltfrevler diskreditiert, was von Renault genauso schnell und vehement dementiert wurde wie vor wenigen Wochen der nämliche Vorwurf gegen den Zafira von Opel. Natürlich reizt die Autoindustrie alle Möglichkeiten bei der Grenzwerteinhaltung und -auslegung maximal aus und mit dem fahrerischen Alltag haben Normtests weder beim Verbrauch noch beim Abgas besonders viel zu tun. Aber selbst wenn die DUH Recht hätte, und Dieselmotoren es nicht wirklich schaffen können, alle Normen einzuhalten: Die Art des Kreuzzuges mit maximaler Skandalisierung macht den Laden unsympathisch. Und auch ein Stück weit unglaubwürdig, zumal sie ihrerseits ihre Tests nur scheinbar ganz offen legen. In der kommenden Woche wird die DUH übrigens unter dem Aspekt, ,,Wasser predigen, Wein trinken", wie alljährlich kurz vor Weihnachten, die Dienstlimousinen der deutschen Bischöfe bewerten. Es wird sicher wieder ein paar Dienstwagen treffen, die noch nicht den sparsamsten Flottenverbräuchen angepasst sind. Muss vielleicht auch nicht. Nicht jedes Auto im Dienste eines Politikers oder Bischofs kann jedes Jahr gewechselt werden. Außer den reinen Werten des Abgases gibt es nämlich noch welche die in Soll und Haben budgetiert werden. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

Der Artikel "Sonst noch was? - Zwischen Spitzenleistung und Sauberkeit" wurde am 29.11.2015 in der Kategorie News von Günter Weigel/SP-X mit den Stichwörtern Sonst noch was?, News, veröffentlicht.

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