Fahrbericht

Fahrbericht: VW Golf GTI Clubsport - Power-Golf in Partylaune

27. November 2015, 10:19 Uhr
Benjamin Bessinger/SP-X
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Der Golf GTI wird 40 und das schönste Geschenk macht sich VW gleich selbst: Zum runden Geburtstag gibt''s den Kraftmeier auch als ,,Clubsport'' mit 290 PS. Stärker war noch kein GTI vor ihm - und mehr Spaß gemacht hat auch keiner.

Änderungen an der Motorsteuerung - diese Formulierung birgt im VW-Konzern gerade ein gewisses Konfliktpotenzial. Doch nicht alles, was die Programmierer in den letzten Monaten auf die Chips geschrieben haben, war gegen die guten Sitten. Ganz im Gegenteil: Wenn die Niedersachsen im Frühjahr zum 40. Geburtstag des Golf GTI den Volksdynamiker zu Preisen ab 34.500 Euro auch als ,,Clubsport" in den Handel bringen, kann man den Nerds nur dankbar sein. Während sich die Designer in höflicher Zurückhaltung übten, haben sie schließlich dem Zweiliter-Turbo mit ein paar Zeilen neuer Software jede Menge zusätzlicher Leistung entlockt.

Wo bislang im GTI bei 220 PS und in der Performance-Version bei 230 PS Schluss war, kommt der Vierzylinder jetzt dauerhaft auf 265 PS. Und weil man schließlich nicht alle Tage 40 wird, gibt's als Goodie auch noch einen Overboost. Für zehn Sekunden kann man die Leistung mit einem Kickdown im Sportprogramm damit auf 213 kW/290 PS steigern und der Drehmoment-Kurve nochmal einen kleinen Lupfer geben: Statt ohnehin schon üppiger 350 reißen dann 380 Nm an den Vorderrädern und der GTI stürmt davon wie am ersten Tag: Von 0 auf 100 in 5,9 Sekunden und danach so ungehemmt weiter, dass die Ingenieure zum ersten Mal bei einem GTI die Reißleine ziehen und den Wagen bei 250 km/h elektronisch einbremsen müssen.

Klar, fühlt sich das klasse an. Erst recht in einem Golf, der bei aller Perfektion selbst als GTI mittlerweile eher den Langweiler als den Einpeitscher gibt und viel zu glatt ist für einen rasenden Puls. Doch es ist gar nicht so sehr die Längsdynamik, die den ,,stärksten GTI aller Zeiten" ausmacht. Wem es nur um flotte Sprints geht, der ist mit dem 300 PS starken Golf R deutlich besser bedient - selbst wenn der noch einmal gute 5.000 Euro mehr kostet. Der darf zwar auch nicht mehr als 250 Sachen fahren. Aber er ist bei identischem Drehmoment dank seines Allrad-Antriebs schneller schnell und nimmt dem frontgetriebenen Clubsport bis Tempo 100 noch mal eine volle Sekunde ab.

Was den Unterschied macht, ist die Querdynamik: Kein anderer Golf macht so viel Spaß in engen Kehren wie der Clubsport: Egal ob Passstraße oder Rennstrecke - der Geburtstags-GTI rasiert dermaßen scharf durch die Radien, dass es eine wahre Freude ist. Er dreht leichter ein, untersteuert weniger und zieht schneller wieder gerade als das Serienmodell und wirkt trotzdem viel lebendiger als der wie auf Schienen fahrende R-Golf. Möglich wird das durch einen Kunstgriff aus dem Windkanal: Weil die Spoilerlippe vorn etwas weiter aus dem Bug ragt und sich der doppelte Heckflügel etwas steiler in den Wind stellt, erzeugt der GTI zum ersten Mal in der Modellgeschichte Ab- statt Auftrieb.

Je schneller er fährt, desto stärker drückt ihn der Fahrtwind auf den Asphalt und erhöht so die ohnehin schon üppige Traktion der auf 19-Zoll-Felgen aufgezogenen Semi-Slicks. Dazu noch die bekannte Parameterlenkung, mit der man in Kurven weniger kurbeln muss, die elektronische Vorderachssperre für eine situationsgerechte Kraftverteilung und ein für den Clubsport nochmals um zehn Prozent versteiftes Feder- und Dämpfer-Paket - fertig ist ein GTI, der nur so nach Kurven giert. Zwei, drei Kehren genügen, dann beginnt der Puls plötzlich doch zu rasen und man möchte nur noch Grip, Grip Hurra rufen. Und plötzlich fragt auch keiner mehr, weshalb das Lenkrad eine feuerrote 12-Uhr-Markierung hat oder warum VW serienmäßig Schalensitze einbaut. Denn ein bisschen Orientierung und Seitenhalt können nicht schaden, wenn der Kompakte plötzlich Karussell fährt.

Offiziell ist der Clubsport ein GTI wie jeder andere, der ganz normal ins Modellprogramm einfließt. Doch auch wenn VW den schärfsten GTI aller Zeiten nicht limitiert hat, ist die Stückzahl begrenzt. Denn die Produktion läuft nur vom frühen Frühjahr bis in den späten Herbst, wenn es für alle Golf-Varianten ein großes Facelift gibt. Wer bei der großen PS-Party zum 40. Geburtstag mitfeiern will, der muss deshalb schnell sein, raten die Niedersachsen. Oder er muss einfach fünf Jahre warten. Denn spätestens zum 45. Geburtstag gibt es wieder ein Editionsmodell. Und bis dahin werden sich die Programmierer schon noch ein paar neue Programmzeilen für die Motorsteuerung einfallen lassen.
 
VW Golf GTI Clubsport- Technische Daten:
Zweitürige Schrägheck-Limousine mit der Kompaktklasse, Länge: 4,27 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,44 Meter, Radstand: 2,63 Meter, Kofferraumvolumen: 380-1270 Liter
 
Antrieb:
2,0-Liter-Turbo-Benzindirelteinspritzer, 213 kW/290 PS, maximales Drehmoment: 380 Nm bei 5.300 U/min, 0-100 km/h: 5,9 s, Vmax: 204 km/h, Durchschnittsverbrauch: 6,0 Liter, CO2-Ausstoß: 139 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: F, Preis: ab 22.990 Euro
2,0-Liter-Benziner, 118 kW/160 PS, maximales Drehmoment: 200 Nm bei 4.600 U/min, 0-100 km/h: 7,3 s, Vmax: 250 km/h, Durchschnittsverbrauch: 7,9 Liter, CO2-Ausstoß: 162 g/km, Abgasnorm: Euro 6,Effizienzklasse: k.a, Preis: ab 34 500 Euro
 

Warum: weil so plötzlich auch ein Golf den Puls zum Rasen bringt
Warum nicht: weil man den Clubsport von außen nur am Schriftzug erkennt und er so brav und bieder klingt
Was sonst: den normalen GTI oder das R-Modell - oder vielleicht doch einen Ford Focus ST?
Wann kommt er: Frühjahr 2016

Der Artikel "Fahrbericht: VW Golf GTI Clubsport - Power-Golf in Partylaune" wurde am 27.11.2015 in der Kategorie Fahrbericht von Benjamin Bessinger/SP-X mit den Stichwörtern Fahrbericht: VW Golf GTI Clubsport, Test-Bericht, Pressevorstellung, Test, Bericht, Kurztest, Vorstellung veröffentlicht.

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