Fahrbericht

Test: Fiat 500X - Niedlich, aber oho

11. Oktober 2015, 10:47 Uhr
Hanne Lübbehüsen/SP-X
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Fiat hat das Kulleraugen-Konzept erneut weiter entwickelt. Denn 500X für eine aufgeblasene und hochgebockte Variante des Cinquecento zu halten, wäre aber grundverkehrt.

Große Kulleraugen, freundliches Gesicht und rundliche Formen - sieht so ein SUV aus? Der Fiat 500X ist optische eine Abwechslung unter den möglichst trutzig gestalteten Hochbeinern. Statt krampfhaft auf Abenteurer zu machen, zeigte sich der Italiener im zweiwöchigen Test als sympathischer Alltagsbegleiter. Dabei darf er die Offroad-Insignien mit Stolz tragen, steckt doch unter dem Blech deutlich mehr Geländewagentechnik als bei anderen SUV seiner Größe.
Kluger Schachzug: Fiat hat beim 500X die aus dem erfolgreichen Retro-Kleinstwagen 500 entstandene Familie mit Elementen der boomenden SUV-Klasse gemixt. Niedlich plus kernig - was auf den ersten Blick so gut zusammen passt wie Sommerkleid und Gummistiefel, entfaltet bei näherer Betrachtung durchaus seinen Reiz. Wer sagt denn, dass ein kleines SUV heutzutage noch so bullig aussehen muss wie sein ideeller Vorfahr, der Geländewagen?

Auch das Innere des mit 4,25 Metern Länge bereits in die Kompaktklasse reichenden 500X ist reichlich verspielt, zum Beispiel mit den runden, chromfarben umrahmten Knöpfen und Drehschaltern - sicherlich Geschmackssache, aber konsequent. Die Flächen im Innenraum wirken robust, aber nicht billig (in anderen Ausstattungsvarianten sind sie in Wagenfarbe zu haben). Die Sitze geben guten Halt. Auch die Hinterbänkler haben angemessen Platz - schließlich streckt sich das Mini-SUV auf VW-Golf-Größe. Die Designer haben der Versuchung widerstanden, die Fensterlinie der Dynamik wegen stark nach hinten ansteigen zu lassen. So dürften auch kleine Mitfahrer noch Ausblick nach draußen haben. In seiner Klasse gehört der 500X zu den größeren Exemplaren, 350 Liter Kofferraumvolumen sind damit ordentlich.

Der 2,0-Liter-Diesel (ab 26.750 Euro, immer mit Allrad) überzeugte im Test als kraftvoller, wenn auch wenig spritziger Alltagsbegleiter. Mit einer Leistung von 103 kW/140 PS ist das Mini-SUV auch für schnelle Autobahnetappen gerüstet, denn jenseits der Richtgeschwindigkeit geht dem Selbstzünder nicht so schnell die Puste aus. 190 km/h schnell fährt der Italiener maximal.

So komfortabel wie der 500X federt, so gemütlich agiert bisweilen das neue neunstufige Automatikgetriebe (in Verbindung mit 2,0-Liter-Diesel und Allrad:28.650 Euro). Über den Drehschalter zwischen den Sitzen, der unter anderem Motorsteuerung, Lenkung und Getriebe anpasst, umgeschaltet in den ,,Sport"-Modus ändert sich das - dann schaltet die Automatik allerdings kaum mehr hoch, was auf Dauer kein schönes Fahren ist. Aber das Mini-SUV macht ja auch schon von außen klar, dass es kein Sportler sein will.

Worüber die niedliche Optik allerdings hinwegtäuscht, ist, dass der Italiener dank Technik-Genspenden abseits der Straße tatsächlich deutlich besser bestehen kann als andere Mini-SUV: Denn unter dem Blech steckt die Offroad-Technik des kleinen Geländewagens Renegade der Fiat-Schwestermarke Jeep. Bei den stärksten Motorisierungen ist der Allradantrieb serienmäßig. Spritsparend schaltet die Elektronik in Situationen, in denen kein Vierradantrieb benötigt wird, auf Vorderradantrieb um. Im ,,Traction"-Modus werden auf unwegsamen Untergrund dauerhaft beide Achsen angetrieben. Trotz der automatischen Entkopplung der Hinterachse ist das Mini-SUV nicht gerade ein Spritsparwunder: 5,5 Liter Diesel hat der 500X auf dem Prüfstand verbraucht, im Test waren es knapp zwei Liter mehr.  

Dass der 500X dem kleinen, für den Stadtverkehr optimierten Cityflitzer 500 entwachsen ist, merkt man auch an den Assistenzsystemen, die auf der Optionsliste des Mini-SUV stehen. Sie arbeiten unterschiedlich vergnüglich: Während der Spurhalteassistent angenehm spät gegenlenkt, dafür aber auch in einer leichten Kurve sicher die Spur hält, kommt man beim nervigen Piepsen wenn auch nur ein Auto in die Nähe des toten Winkels kommt, leicht in Versuchung, den Blind-Spot-Assistenten abzuschalten. Dafür ist der Assistenz-Aufpreis fair: Je nach Ausstattungslinie kosten beide im Paket mit Rückfahrkamera ab 790 Euro.

Mit einem Einstiegspreis von 16.950 Euro liegt der Fiat unter Konkurrenten wie dem Opel Mokka, hat allerdings auch etwas weniger Ausstattung. Immer serienmäßig sind unter anderem elektrische Fensterheber, Tempomat und Radiovorbereitung.  Konkurrenz könnte dem niedlichen 500X allerdings aus der eigenen Familie erwachsen: Wem ein bisschen Gelände-Optik genügt, der könnte auch zum robust beplankten Fiat 500L Trekking greifen, der umfassender ausgestattet und mit etwas mehr Platz ab 19.700 Euro kostet. Dann hätte man den 500X aber auch einfach völlig falsch verstanden.

Fiat 500X - technische Daten
Fünftüriges Mini-SUV, Länge: 4,25 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,60 Meter,  Radstand: 2,57 Meter, Kofferraumvolumen: 350 Liter.
 
2,0-Liter-Diesel, 103 kW/140 PS, maximales Drehmoment 350 Nm bei 1.750 U/min, Neunstufen-Automatik, 0-100 km/h: 9,8 s, Vmax: 190 km/h, Durchschnittsverbrauch: 5,5 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 144 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: C, Testverbrauch 7,2 Liter
Kurzcharakteristik
Warum: Weil er niedlich aussieht, aber trotzdem richtig was kann
Warum nicht: Weil man dem Renegade den Geländewagen mehr ansieht
Was sonst: Mini Countryman, Opel Mokka, Nissan Juke, Skoda Yeti

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