Technik

Analyse: Neue Fahrwerke aus dem Hause Volvo

2. Oktober 2015, 16:14 Uhr
Lars Wallerang (vm)
Volvo macht den Härtetest: Auf der legendären schwedischen Teststrecke Hällered unweit der Produktions-Heimstatt in Torslanda stellt der Autobauer seine neuen Fahrwerke live auf die Probe. Scharfe Kurven, steile Gefälle und holprige Pisten bilden nur einen Teil der Herausforderungen.

Volvo macht den Härtetest: Auf der legendären schwedischen Teststrecke Hällered unweit der Produktions-Heimstatt in Torslanda stellt der Autobauer seine neuen Fahrwerke live auf die Probe. Scharfe Kurven, steile Gefälle und holprige Pisten bilden nur einen Teil der Herausforderungen. Zu den teuflischsten Tücken gehören tiefe Furchen in asphaltierten Schnellstraßen. Da müssen die Stoßdämpfer besonders gut zeigen, was sie abfedern können.

Mit dem großen SUV, dem recht luxuriösen XC90, hatten die Schweden bereits Anfang des Jahres ein neues Marken-Konzept gestartet. SPA heißt die technologische Offensive. Die drei Buchstaben stehen für die "Skalierbare Produkt-Architektur". Hierzu gehören auch neue Fahrwerke, die ein Maximum an Stabilität bieten sollen. Der chinesische Mutterkonzern Geely hat allein für die Chassis-Entwicklung hohe Millionen-Beträge locker gemacht.

Auf der Teststrecke, die auch gerne mal von Reifenherstellern genutzt wird, konnten beispielsweise der alte XC90 (Modelljahr 2002) mit dem heutigen XC90 (Modelljahr 2015) verglichen werden. Der Unterschied ist eindrucksvoll: Rollt man mit dem durchaus soliden Vorgänger-Modell eher behäbig über den Asphalt, reizt der Neue zu einer deutlich spritzigeren Fahrweise. Der Kontrast wirkt besonders krass beim Wechsel zurück auf das SUV mit alter Fahrwerkstechnik: Da fährt man lieber gleich 20 km/h langsamer, um den alten Brummer nicht aus der Ruhe zu bringen. Der Vergleich zeigt: Es hat sich in den vergangenen Jahren merklich viel getan in Torslanda.

Für das wilde Gehege "Off Road", auf dem nur die geländetauglichen Fahrzeuge getestet werden dürfen, hat Volvo professionelle Rallye-Fahrer im Team. Die manövrieren zügig und souverän über den unwegsamen Untergrund. Da wird der Insasse trotz des Hightech-Fahrwerks noch ganz schön gerüttelt und geschaukelt. Sehr eindrucksvoll gestaltet sich auch die Bewältigung einer sehr steilen Steigung von abenteuerlichen 60 Prozent bzw. 31 Grad. Sowohl für den An- als auch den Abstieg bietet das Automatik-Getriebe einen speziellen Modus. Das ist dann sozusagen teilweises autonomes Fahren. Und das Aufwärtsfahren fühlt sich ähnlich an wie das erste Stück nach hoch oben auf einer Achterbahn.

An dem Chassis hat Volvo allerhand verändert: Die zweite Modellgeneration des XC90 fährt mit einer komplett neuen Radaufhängung vor: An der Vorderachse kommt nun eine Doppelquerlenker-Aufhängung zum Einsatz, die das Rad über zwei Querverbindungen am Fahrzeug befestigt. Der Vorteil dieser Art der Aufhängung ist ein ausgewogenes Fahrverhalten: Untersteuerungs-Tendenzen in Kurven werden ebenso auf ein Minimum reduziert wie die bei Fahrzeugen mit Frontantrieb und leistungsstarker Motorisierung häufig auftretenden Antriebseinflüsse in der Lenkung. Die ebenfalls neue Integral-Hinterachse nutzt leichte Querblattfedern anstelle der traditionellen Spiralfedern.

Um das entspannte Fahrerlebnis nochmals auszubauen, können sich die Kunden eines Volvo XC90 auch für eine adaptive Luftfederung und die aktive Four-C-Fahrwerkstechnik (Continuously Controlled Chassis Concept) entscheiden. Sie bieten im Vergleich zum Standardfahrwerk ein nochmals gesteigertes Komfortniveau und weiter verbesserte fahrdynamische Eigenschaften. Die Bedienung erfolgt über das elegante, in Diamantschnitt gehaltene "Drive Mode"-Rollrad, das zwischen den Sitzen angebracht ist. Der gewählte Fahrmodus wird im großen Touchscreen in der Mittelkonsole angezeigt. Für mehr Fahrstabilität und Komfort senkt die Elektronik den Volvo XC90 bei Geschwindigkeiten zwischen 100 km/h und 120 km/h automatisch um einen Zentimeter ab.

Ziel der Technik sei ein entspanntes Fahren, sagt der Technik-Manager Stefan Karlsson im Gespräch mit dem mid. "Der Fahrer soll das gute Gefühl haben, dass das Fahrwerk allen Situationen souverän gewachsen ist." Sportlichkeit stehe dabei aber gar nicht so sehr im Vordergrund, ergänzt Dr.-Ing. Peter Mertens, Vize-Präsident von Forschung und Entwicklung bei Volvo. Das überlasse er lieber den deutschen Autobauern. Im Vordergrund stehe Komfort, nicht die straffe Abstimmung. "Das würde zum Volvo XC90 gar nicht passen".

Das bedeutet wiederum nicht, dass Volvo keine sportlichen Fahrzeuge baut. Was Volvo-Kunden im Limousinen-Bereich erwartet, kann schon jetzt am geräumigen S80 gesehen werden, auf den Ende des Jahres der noch größere S90 folgt: Der S80 "Costello" stellt eine Art technologischen Prototypen für den S90 dar. Er besitzt bereits die Fahreigenschaften der neuen Chassis-Generation. Beim Spurt über die Teststrecke erwies sich der Costello als ungemein agil und leicht zu lenken. Er nimmt scharfe Kurven ungemein sauber, ohne vorne oder hinten auszubrechen. Quietschende Reifen hört man erst bei sehr hohen Geschwindigkeiten in der Kurve. Das hat schon Sportwagen-Qualitäten. Man merkt: Volvo hat stark aufgeholt.

Lars Wallerang

Der Artikel "Analyse: Neue Fahrwerke aus dem Hause Volvo" wurde am 02.10.2015 in der Kategorie News von Lars Wallerang (vm) mit den Stichwörtern Pkw, Technik, News, veröffentlicht.

Weitere Meldungen

25. April 2024

Audi Q7 und Q8 PHEV: Größere Batterie, mehr Reichweite

Audi spendiert den beiden elektrifizierten Q7 und Q8 eine aktualisierte Batterietechnologie, effizientere Fahrmodi ...