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Daimler Highway Pilot - Hände weg vom Steuer

2. Oktober 2015, 14:38 Uhr
Patrick Broich/SP-X
Daimler arbeitet daran, teilautonomes Fahren für den Lkw in Serie zu bringen. Jetzt dürfen die Laster auch auf öffentliche Straßen, zumindest ein bisschen.

Wer dieser Tage zufällig auf der A8 bei Stuttgart unterwegs war, konnte Zeuge eines sonderbaren Szenarios werden. Dort fuhr ein auffällig beschrifteter Daimler-Truck in Begleitung diverser Kamerawagen. Am Steuer saß Daimler Vorstandsmitglied Wolfgang Bernhard persönlich, doch er hat gar nicht gelenkt. Das war auch nicht nötig, denn dieser spezielle Mercedes Actros fährt - zumindest auf der Autobahn - automatisch.  

Er gibt Gas, hält den Abstand zum Vordermann und bremst bis zum Stillstand herunter. Das kann der aktive Tempomat bei den heutigen Mercedes-Lkw ebenso - aber hier wird darüber hinaus auch quer geregelt. Das heißt nichts anderes als: Der Lastzug lenkt und hält die Spur. Dabei handelt es sich um eine Funktion, die so mancher Kunde längst von seinem Auto kennt. Nur ist es so, dass die Elektronik im Pkw merkt, wenn man die Hände vom Lenkrad nimmt und die Anlage ein paar Sekunden später ausschaltet. Der Gesetzgeber lässt den Wagen nämlich noch nicht selbsttätig fahren.

Diesen Zwischenschritt werde es beim Laster nicht geben, erläutert Martin Zeilinger aus der Vorentwicklung von Daimler. Man werde das System erst auf den Markt bringen, wenn die gesetzlichen Hürden beseitigt seien. Dabei führt der Techniker weiter aus, dass es sich ganz klar um ein teilautonomes System handele. Will heißen, der Fahrer wird weiterhin in der vollen Verantwortung stehen und seinen Sitzplatz keineswegs verlassen dürfen, obwohl das Fahrzeug weite Distanzen selbsttätig zurücklegen kann.

Der Highway-Pilot, der den Frontradar sowie eine Stereokamera im Wischfeld des Scheibenwischers als Sensorik nutzt, hat übrigens nicht nur Sicherheitsrelevanz, wenngleich ein hoher Anteil der Lkw-Unfälle auf das Abkommen von der Fahrbahn zurückzuführen ist. Er soll auch Fahrer entlasten, die viele hundert Kilometer und womöglich übermüdet monotone Strecken zurücklegen müssen. Doch ganz so schnell werden Speditionen noch nicht in den Genuss dieser Funktion kommen, die Experten bei Daimler rechnen mit einem Serieneinsatz in drei bis vier Jahren. Vorher müssen die Juristen noch einmal ran, denn derzeit gibt es keine rechtliche Grundlage für das teilautonome Fahren.

Selbst die Tests auf der Straße sind nicht ohne bürokratischen Aufwand durchführbar. Immerhin musste das Land Baden-Württemberg eine Sondergenehmigung erteilen, damit der hochtechnisierte Actros auf der Straße fahren darf. Wie wichtig das Thema auch der Politik ist, zeigt sich darin, dass Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann persönlich an der ersten öffentlichen Demofahrt auf der A8 teilgenommen hat.

Klar ist, dass der Autopilot am Lkw-Lenker den Fahrer so schnell nicht ersetzen wird. Selbst ein autonomer Spurwechsel ist im ersten Schritt nicht vorgesehen. Auch das durchlaufen enger Baustellen möchte Daimler doch lieber vom Fahrer erledigt wissen. Nähert sich der Hightech-Zug entsprechenden Bahn-Verengungen, fordert die Elektronik den Fahrer zur Übernahme auf. Auch mit dieser Einschränkung wird allerdings viel Zeit bleiben, in der künftige Lkw-Fahrer entweder entspannen oder sich anderen Aufgaben zuwenden können.

Der Artikel "Daimler Highway Pilot - Hände weg vom Steuer" wurde am 02.10.2015 in der Kategorie News von Patrick Broich/SP-X mit den Stichwörtern Daimler Highway Pilot, News, veröffentlicht.

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