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Audi lässt auch in China die Elektronik ans Steuer - Selber fahren war gestern

26. Mai 2015, 09:25 Uhr
Patrick Broich/SP-X
Audi möchte seine Fahrzeuge künftig weltweit ohne menschlichen Fahrer bremsen, Gas geben und lenken lassen. Anlässlich der CES in China waren wir bei einer automatisiert gefahrenen Runde im Stadtverkehr Shanghais dabei.

Der Einstieg in den mattweißen A7 erscheint wie ein Déjà-vu. Nur damals, im April 2013, war es ein A6. Einer allerdings, der vollgestopft war mit Equipment  - Computer, Kabel und Bildschirme machten sich im Auto breit. So sieht also ein Fahrzeug aus, das auf Tastendruck automatisiert unterwegs sein kann. Damals prophezeite Elektronik-Chef Ricky Hudi, bald werde nur noch eine handliche Platine nötig, um den Rechenaufwand zu stemmen, den so ein selbst fahrendes Auto eben benötigt. Inzwischen ist die Jahresmitte 2015 erreicht, und wir stehen vor einer zweiten automatisierten Probefahrt. Das Reisegepäck passt diesmal in den Kofferraum, die Kabel und der Großrechner sind verschwunden - Ricky Hudi hatte Recht, die Computer-Einheit ist nur noch so groß wie eine VHS-Videokassette. Wieder sitzt Ingenieur Björn Giesler hinterm Steuer, wenn es ins städtische Gewühl geht. Statt Highway in Las Vegas fahren wir nun mitten durch Shanghai. Der hiesige Autofahrer plant im Schnitt zwei Stunden Stau, wenn er in der Metropole zur Arbeit unterwegs ist - da überlässt er das Steuer gerne der Elektronik.

Es müssen noch ein paar juristische Hürden aus dem Weg geräumt werden, bis der Rechner überhaupt eingreifen darf. Dabei ist gar nicht mal die Wiener Übereinkunft das Problem, sondern eine ECE-Norm mit der schönen Kennziffer R79. Sie verbietet, dass oberhalb von zehn km/h selbsttätig gelenkt werden darf. Ist dieses Problem behoben, dürfen auch die jetzt schon bei einigen Marken verbauten Stauassistenten selbst ran - man muss dann nicht mehr die Hand auf das Lenkrad auflegen, um dem unweigerlich folgenden Alarmton zu entgehen.

Techniker Giesler mag es nicht, wenn diese Stauassistenten erwähnt und zum Vergleich herangezogen werden - denn die sind viel simpler aufgebaut als das, was die Piloted-Driving-Audis bereits können. Sie verfügen über redundante Systeme sowie mehr Sensor-Technologie. Zu den vielen Kameras gesellt sich noch ein neuartiger Laserscanner (bisher noch nicht in dieser Form im Serienauto), der im Vergleich zu 2013 wieder verbessert wurde und nun acht- statt vierstrahlig arbeitet. Die Messorgane helfen sich gegenseitig: Oberflächen, die für den Laser schwer erfassbar sind, verarbeitet der Radar gut und umgekehrt.

Also fahren wir ein wenig durch die Stadt, dann auf die Schnellstraße. Jetzt drückt Giesler den entsprechenden Knopf und lässt das Lenkrad los. Der zur Truppe gehörende Beetle fährt voraus und bremst uns ein - es muss ja ein Stau simuliert werden. Denn ab 61 km/h wird das System ausgeschaltet. Schneller wird auch der künftige A8 in zwei Jahren nicht automatisiert fahren - er soll die Anlage als erstes Serienauto an Bord haben.

Natürlich reizt die Frage: Wann können die Autos denn endlich mehr? Also auch höhere Tempi, andere Straßenarten wie Überland oder gar Stadtverkehr? Giesler bremst, denn das Thema ist komplex. Auf der Landstraße wird die Orientierung für die Elektronik schwieriger, weil die Fahrbahnmarkierung ja auch einmal schlecht sein kann. In der Stadt kommen kniffelige Situationen hinzu wie beispielsweise am Rande eines Zebrastreifens wartende Fußgänger oder gar querende Radfahrer. Schließlich sind die Anforderungen hoch: Fehler darf sich der autonome Wagen nicht erlauben, das wäre für andere Verkehrsteilnehmer und für den Hersteller fatal.

China hat das Wiener Übereinkommen übrigens nicht ratifiziert, hier müssen die Autobauer mit den obersten Juristen und Verkehrswächtern der Regierung verhandeln. Man sei aber auf einem guten Weg, lässt Björn Giesler wissen. Das weltweite teilautonome Fahren kann also kommen. Ganz zum Leidwesen vieler Gusseiserner, die das Steuer eigentlich ungerne aus der Hand geben. Selbst in einem Megastau.

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