Fahrbericht

Im Hybrid-Sportwagen BMW i8 unterwegs in Kalifornien - Zwischen New Age und Old School

21. Mai 2015, 10:40 Uhr
Ralf Schütze/SP-X
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Wie reagieren V8-liebende, kalifornische ,,petrolheads'' mit Benzin im Blut, wenn sie erstmals in Kontakt kommen mit dem futuristischen Hybrid-Sportwagen BMW i8? Überraschung: Die meisten Oktan-Junkies sind offener für grüne Ideen, als man denkt. Nur der Fahrspaß darf nicht zu kurz kommen.

,,Ich bevorzuge ältere Sportwagen" betont Magnus Walker, der unkonventionelle Porsche-Sammler aus L.A., immer wieder. Sein Herz schlage nur für Sportwagen aus Zuffenhausen, vorzugsweise Vintage-Modelle aus den 60er und 70er Jahren. Dennoch hat er jede Menge Spaß, als wir ihm eine Testfahrt im futuristischen BMW i8 anbieten, dem Saubermann mit Elektro- und Benzinmotor, der sich im Normverbrauch mit 2,1 l/100 km begnügt. Ähnlich verlaufen Begegnungen mit dem bekannten Motorrad-Tuner Roland Sands oder den Corvette- und 911er-fahrenden deutschen Auswanderern Klaus Borrmann und Konstantin Mroncz. Die größten Aha-Erlebnisse liefern: Der Sound des Dreizylinders im Heck des i8 und die extreme Agilität des ultraleichten Kohlefaser-Boliden. Somit scheint der cleane, schnelle BMW mit 37 km rein elektrischer Reichweite und 362 PS Systempower ideal für Kalifornien, dem US-Bundesstaat zwischen Motorkult und extremen Abgasnormen.

,,Wow. Unbelievable. This is absolutely cool." Man muss nicht fließend Englisch sprechen, um die Begeisterung von Chris McIntyre zu verstehen. Er sitzt gerade erstmals am Steuer des Hybrid-Sportwagens. Am La Cienega Boulevard Richtung Pazifik-Küste tritt er voll aufs Gaspedal. Nach fast lautlosem Dahinschnurren im reinen Elektromodus macht die Steuerelektronik im i8 deshalb plötzlich Ernst und wuchtet die volle Leistung auf alle vier Räder. Chris ist eigentlich vor allem ein Biker, hat seit 1992 den weltgrößten Motorradverleih ,,Eaglerider" aufgebaut mit Stammsitz in Los Angeles. Jetzt wirft ihn der Antritt des BMW i8 fast aus der Bahn, obwohl er - wenn schon auf vier Rädern - den gewaltigen Punch einer auf 710 PS getunten Corvette gewohnt ist. Er ist vom i8 überwältigt: ,,Dieses Auto hat wahrlich eine Seele. Und diesen Sound hätte ich nie erwartet."

Testfahrt zwei findet knapp eine Autostunde südlich in Los Alamitos statt. Roland Sands hat sich Weltruf erworben als Motorrad-Customizer. Was die Hersteller von der Stange liefern, verwandelt er auf Wunsch in leistungsstarke Einzelstücke - unter anderem für Hollywood-Größen wie Mickey Rourke oder Red Hot Chili Peppers-Sänger Antony Kiedis. Designer und Ex-Rennfahrer Roland Sands ist zunächst vom Äußeren des Hybrid-Sportlers angetan: ,,Ich mag die schnittige Form. Du kannst Dir richtig vorstellen, wie der Fahrtwind ungehindert hier durchpfeift." Sands deutet aufs aerodynamisch ausgefeilte Heck - zusammen mit Leichtbau die Grundvoraussetzung für Sport und Sparsamkeit im BMW i8.

Sands sieht sich in der Mitte zwischen den PS-verliebten ,,petrolheads" und den grün angehauchten ,,early adaptors", die stets den letzten Schrei in Sachen Umwelt fahren wollen - ob nun einen Toyota Prius oder, wie TV-Star Ashton Kutcher in ,,Two and a half men", einen Fisker Karma. Sands über sich selbst: ,,Kalifornien ist sehr strikt in Sachen Umweltschutz. Wenn man deshalb verantwortlicher mit der Welt umgeht, finde ich das sehr gut." Besonders überzeugend sei für ihn der Sound, den der 1,5-Liter-Dreizylinder-Twinturbo im Heck und ein Soundgenerator erzeugen. ,,BMW hat da phänomenal gute Arbeit geleistet. Der i8 spricht das Herz an und kann dennoch sehr sparsam sein. Ich denke, da sollte sich Mobilität hin entwickeln."

Noch größer sind die Unterschiede zwischen Vorurteil und Fazit bei den beiden deutschen Auswanderern Klaus Borrmann und Konstantin Mroncz. Autohändler Borrmann aus Paramount traut dem i8 vor der Probefahrt zwar einiges zu, kann aber im Grunde mit Hybrid- oder Elektroantrieb gar nichts anfangen. Und IT-Fachmann Mroncz aus dem Nobel-Küstenort Huntington Beach wirkt noch zurückhaltender: ,,Ich bin sehr skeptisch, ob das Zusammenspiel von Elektro- und Verbrennungsmotor funktioniert." Umso größer ist nach dem Testtrip die Überraschung, teils Begeisterung bei ihm: ,,Der Sound ist absolut geil. Wie der Dreizylinder die Gänge reinhaut, ist der Wahnsinn. Und der i8 geht gewaltig ums Eck herum, wirkt noch viel leichter als er ohnehin ist." Im Gegensatz zu seinem 911er, der auf den schlechten Straßen rund um Los Angeles ungeeignet sei für jeden Tag, könne er sich den sauberen Sportwagen von BMW als Alltagsgefährt vorstellen. Kumpel Klaus Borrmann ergänzt: ,,Das ist etwas für einen absolut grünen Kalifornier, der auch mal Bock hat Feuer zu geben. Der kann sein Gewissen beruhigen, und kann's trotzdem auch mal richtig krachen lassen."

Mächtig Gas zu geben ist auch die große Leidenschaft von Magnus Walker, der mit seinen meterlangen Dreadlocks und seinen derzeit rund 20 Porsche-Modellen aus den 60er und 70er Jahren in aller Welt als ,,Porsche-Punk" gilt. Der vermeintlich extreme Old Schooler zeigt sich sehr offen gegenüber dem fremdartigen Männerspielzeug von BMW. Nach ersten flotten Fahrmanövern stellt er sichtlich beeindruckt fest: ,,Der liegt wirklich sehr gut auf der Straße!" Und kurze Zeit später: ,,Das ist ein Spaß-Auto, keine Frage." Er vermisse zwar den gewohnten Geruch seiner Vintage-Porsches nach Öl und Benzin, schätze aber das spezielle Fahrgefühl im i8: ,,Das Auto ist auf unspektakuläre Art sehr schnell. Ob beim Beschleunigen, Bremsen oder in schnellen Kurven: Alles geschieht ohne jedes Drama."

Die Lenkung fühle sich zwar etwas synthetisch an, sei aber bei schneller Gangart sehr präzise. Zu diesem Urteil kommt Magnus später auf kurvenreichen Landstraßen nahe Los Angeles. Hier lobt er auch die Bremsen des Benzin-Elektro-Allradlers und abermals den Sound - vor allem, wenn der i8 selbständig mit Zwischengas herunterschaltet. Fazit: ,,Der BMW i8 hat mich überrascht. Er ist schnell, kann aber auch sehr sparsam und rein elektrisch sehr leise sein. Und er ist ein bequemes Auto für jeden Tag."

Klingt so, als könne der deutsche Hybrid-Sportwagen ein wahrer Verkaufsschlager sein im ebenso autoverrückten wie umweltbewussten Kalifornien. Tatsächlich erfahren wir von John Wakamatsu, den wir auf dem Oldtimer-Treffen ,,Coffee & Cars" westlich von Long Beach kennenlernen: Wenn etwa einmal pro Monat ein neuer i8 beim Autohändler eintreffe, sei er am nächsten Tag schon wieder weg. Und das, obwohl US-Händler bei entsprechender Nachfrage zusätzlich zu den rund 140.000 Dollar Verkaufspreis einen kräftigen Aufschlag verlangen könnten. John: ,,Ich habe schon von mehreren zehntausend Dollars extra gehört." Der i8 scheint also genau das Richtige zu sein für die solventen early adaptors unter den petrolheads von Kalifornien.

Technische Daten - BMW i8
2+2-Sitziger Sportwagen mit Flügeltüren
Länge: 4,67 Meter, Breite: 1,94 Meter, Höhe: 1,29 Meter, Radstand: 2,80 Meter, Kofferraumvolumen: 154 Liter, Gewicht: 1.485 Kilogramm

Plug-in-Hybrid-Antrieb: 1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner an der Hinterachse, 170 kW/231 PS, max. Drehmoment 320 Nm bei 3.700 U/min; Elektromotor an der Vorderachse, 96 kW/131 PS, Drehmoment 250 Nm; Systemleistung 266 kW/362 PS, Vmax 250 km/h, null bis 100 km/h in 4,4 Sekunden, Normverbrauch 2,1 Liter/100 km, CO2-Ausstoß: 49 g/km, elektrische Reichweite 37 km.

Preis: 126.000 Euro, mit Vollausstattungspaket ,,Pure Impulse" 145.000 Euro

Der Artikel "Im Hybrid-Sportwagen BMW i8 unterwegs in Kalifornien - Zwischen New Age und Old School" wurde am 21.05.2015 in der Kategorie Fahrbericht von Ralf Schütze/SP-X mit den Stichwörtern Im Hybrid-Sportwagen BMW i8 unterwegs in Kalifornien, Test-Bericht, Pressevorstellung, Test, Bericht, Kurztest, Vorstellung veröffentlicht.

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