Automobilindustrie

Fiat 500X für die ganze Welt

27. April 2015, 14:21 Uhr
Thomas Schneider (vm)
Ertönt in der Montage-Linie des italienischen Fiat-Chrysler-Werks in Melfi die Musik der Rolling Stones, steht die komplette Produktions-Straße kurzzeitig still.

Ertönt in der Montage-Linie des italienischen Fiat-Chrysler-Werks in Melfi die Musik der Rolling Stones, steht die komplette Produktions-Straße kurzzeitig still. Laute Musik bedeutet hier stets, dass irgendetwas nicht so läuft wie es soll. Dann betreiben die Mitarbeiter umgehend Ursachenforschung, um den Fehler schnell zu beheben: Egal ob beim Fiat 500X, Grande Punto oder dem Jeep Renegade. 8 000 Mitarbeiter arbeiten an dem fast zwei Millionen Quadratmeter großen Standort, also auf einer Fläche so groß wie 200 Fußball-Felder.

Für die strukturschwache Region Basilikata sind die Arbeitsplätze von enormer Bedeutung. Und davon profitieren die Menschen in der gesamten Region, auch wenn sie mit Fiat wenig zu tun haben. Entscheidend für den Erfolg ist die Qualität der Fahrzeuge. Um das zu gewährleisten, haben die Italiener das 1993 eröffnete Werk in den vergangenen Jahren sowohl bezüglich der technischen Ausstattung, als auch in Sachen Logistik und Mitarbeiter-Qualifizierung verbessert. In die Umstellung auf die beiden jüngsten Modelle ist eine Milliarde Euro investiert worden.

"Die größten Veränderungen in meiner Zeit hier sehe ich beim Personal", sagt der Leiter des Karosserie-Abteilung, Bartolomeo Callari, der seit fünf Jahren in Melfi arbeitet. "Das betrifft sowohl die Mentalität als auch die Ausbildung". Über eine Million Trainingsstunden in einer eigens dafür geschaffenen Test-Produktionslinie und unzählige Team-Building-Maßnahmen wurden bisher hier durchgeführt.

Denn Menschen sind im Automobilbau die Fehlerursache Nummer 1. Und daher wird in Melfi wie in allen modernen Werken jeder Produktionsschritt von Kameras und Computern minutiös überwacht. Das gilt nicht nur für die eingangs geschilderte Szene in der Endmontage, sondern für jeden Teil des Entstehungsprozesses eines jeden Fahrzeugs: egal ob im Presswerk, wo die Karosserieteile entstehen, im Karosseriewerk mit seinen mehr als 200 größtenteils automatisierten Robotern sowie in der Lackiererei und ganz besonders bei der Endmontage, dem Herzstück der Fabrik.

Ohne Computer-Unterstützung wäre der Zusammenbau mit seinen komplexen Abläufen und beim Fiat 500X über 5 000 einzelnen Komponenten nicht möglich. Dabei werden auf einer Produktionslinie parallel der 500X und der Jeep Renegade gebaut. Und je nach Kundenwunsch werden dabei fünf Innenausstattungen, acht Motoren sowie 188 Ausstattungsoptionen miteinander kombiniert.

"Das ist in erster Linie eine logistische Leistung", sagt der Leiter der Produktionslinie, Ennio Meccia. Die Teile stammen von insgesamt 444 Systempartnern. Viele davon sind in direkter Umgebung des Werkes angesiedelt. Das ist für die Produktion von hoher Bedeutung, denn die Faktoren Zeit und Effizienz sind hier entscheidend. Das bedeutet hohe Flexibilität und eine schnelle Reaktionszeit bei Veränderungen und Problemen. "Modular integrierte Fabrik" nennt sich diese enge Verzahnung.

Damit die Endmontage reibungslos funktionieren kann, hat jeder Mitarbeiter ein vorkonfiguriertes "Car-Kit". Diese Arbeitsstation wird genau mit den Teilen bestückt, die für das aktuelle Exemplar benötigt werden. Zunächst meldet sich der Arbeiter mit einer Karte an dem Touchscreen-Terminal an, scannt den Strichcode auf der Karosserie und muss im Anschluss jeden Arbeitsschritt einzeln per Fingertipp bestätigen. "Die Qualitäts-Kontrolle beginnt mit der Produktionsaufnahme eines jeden Fahrzeugs in Zusammenarbeit mit den Arbeitern, nicht erst bei der Endkontrolle", sagt Giovanna di Mella, Qualitäts-Managerin im Werk. Sogar die Werkzeuge sind in die Kommunikation eingebunden. So registriert etwa ein spezieller Schrauber, wenn das Anzugmoment nicht stimmt und leitet das an den Computer weiter.

"Alles ist hier auf Fehler-Vermeidung ausgelegt. Und nur so entsteht ein gutes Auto", so Meccia. Ist eine Komponente defekt oder es geht etwas beim Einbau schief, stoppt der Computer die Produktionslinie und die Rolling Stones - oder je nach Station auch Luciano Pavarotti oder Adriano Celentano - spielen so lange, bis der Fehler mithilfe des jeweiligen Team-Leiters behoben ist.

Auf diese Weise entstehen im Werk Melfi täglich rund 500 Fiat 500X und etwa gleich viele Jeep Renegade. Beim Praxistest auf den maroden Straßen Süditaliens konnte Fiat 500X voll überzeugen, was die Verarbeitungsqualität anbelangt: Keine Klappergeräusche und kein Geknarze sind zu hören. So können die jüngsten Modelle Fiat 500X und Jeep Renegade von Italiens Süden aus die Welt "erobern"; denn in über 100 Länder sollen die beiden Kompakt-SUV exportiert werden.

Thomas Schneider

Der Artikel "Fiat 500X für die ganze Welt" wurde am 27.04.2015 in der Kategorie News von Thomas Schneider (vm) mit den Stichwörtern SUV, Automobilindustrie, Produktion, News, veröffentlicht.

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